Sanktionen treffen Wirtschaft in Ostwestfalen-Lippe

Bielefeld. Der Angriff Russlands auf die Ukraine wird auch für die heimische Wirtschaft &bdquo;gravierende Folgen“ haben. Diese Befürchtung hegt der Bielefelder IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven, der sich von der Invasion &bdquo;persönlich tief erschüttert“ zeigte. Die gesamte Region könnte betroffen sein von den Auswirkungen: Mehr als 350 Firmen aus OWL pflegen geschäftliche Kontakte nach Russland, gut 200 Firmen sind in der Ukraine engagiert. In vielen Fällen sind die Beziehungen ausgesprochen eng, auch wenn beide Länder aus regionaler Sicht eher kleinere Märkte sind. Welche konkreten Auswirkungen die Invasion wirtschaftlich haben wird, sei noch nicht abzusehen, heißt es aus allen Unternehmen. Im Vordergrund stehe die Sorge um die Mitarbeiter und Geschäftspartner speziell in der Ukraine: &bdquo;Die Menschen dort haben es nicht für möglich gehalten, dass es soweit kommt“, sagt etwa Kerstin Trippler, Produktionsleiterin der FHB original KG. Die Firma aus Spenge lässt in vier ukrainischen Betrieben mit etwa 250 Mitarbeitern Arbeitsbekleidung nähen. "Leider sind unsere größten Befürchtungen diese Nacht eingetreten", sagt Holger Dechant, Geschäftsführer des Paderborner Unternehmens Universal Transport. "Diese Situation zwingt uns leider dazu, das Projekt von 80 Schwertransporten von Windkraftanlagen in die Region Lemberg sofort zu stoppen. Bis auf unserem ukrainischen Mitarbeiter sind bereits alle Kollegen nach Polen beziehungsweise Deutschland zurückgekehrt." Handel mit Russland bereits seit Krim-Annexion eingetrübt Die IHK Ostwestfalen erklärt, dass die von der EU geplanten neuen Sanktionen für den Russland-Handel im Detail noch nicht bekannt sind und noch nicht gelten. &bdquo;In unserer Region könnten der Maschinenbau, Elektrotechnik-Produzenten und Automobil-Zulieferer am stärksten von den neuen Sanktionen betroffen sein“, erwartet Ines Ratajczak, Referatsleiterin &bdquo;International“ der Kammer. Aus NRW wurden 2021 Waren im Wert von 3,9 Milliarden Euro nach Russland geliefert – das Riesenreich belegte damit Platz 15 unter den Exportmärkten der NRW-Wirtschaft. Die Ukraine führte deutsche Produkte für 685 Millionen Euro ein, das bedeutete nur Rang 41 in der Export-Rangliste. Bis zur Annexion der Krim 2014 spielte vor allem Russland für die heimische Wirtschaft noch eine viel größere Rolle. Doch durch die dann verhängten Sanktionen wurde der deutsch-russische Handel bereits stark getrübt.Technologieorientierte Firmen müssen mit Einschnitten rechnen Mit weiteren Einschnitten müssen kurzfristig wohl am ehesten technologieorientierte Unternehmen mit eigenen Werken in Russland rechnen – wie etwa der Autozulieferer Benteler, der Werkzeugmaschinenbauer DMG Mori oder der Landmaschinenhersteller Claas. Benteler betreibt im westrussischen Kaluga (190 Kilometer südwestlich von Moskau) ein Werk mit 300 Mitarbeitern, in dem Fahrwerke und Komponenten produziert werden. &bdquo;Wir sind tief betroffen über die Eskalation in der Ukraine“, erklärte ein Sprecher des Salzburger Benteler-Konzerns, dessen größter Standort in Paderborn ist. &bdquo;Wir merken bereits, dass unsere Logistikketten teilweise gestört sind.“ Der Verlauf des Konflikt werde genau beobachtet.Der Harsewinkeler Landtechnikhersteller Claas hatte erst im September 2021 eine Erweiterung seines Werkes im russischen Krasnodar für 12,6 Millionen Euro und die Aufstockung des Personals auf 700 Mitarbeiter gemeldet. Die Erweiterung sei fast abgeschlossen, so Claas-Sprecher Wolfram Eberhard. Es sei jedoch spekulativ, ob diese künftig von den Sanktionen betroffen sein könnte. Die Sorge von Claas gelte zunächst den etwa 40 Mitarbeitern in der Ukraine. Bei DMG Mori heißt es, die Situation müsse analysiert und bewertet werden. Über Sanktionen und nötige Maßnahmen könne noch nichts gesagt werden. Das Unternehmen fertigt mit über 100 Mitarbeitern Maschinen in seinem Werk in der Wolga-Stadt Uljanovsk. "Sicherheit der Mitarbeiter ist zunächst das Wichtigste" &bdquo;Wir stellen uns darauf ein, dass Sanktionen unser Unternehmen treffen können“, sagt Thomas Lauritzen, Sprecher der Schüco KG. Der Anbieter von Fenstern, Türen und Fassaden ist mit 14 Mitarbeitern in der Ukraine aktiv und mit 227 Mitarbeitern in Russland. Die ukrainischen Mitarbeiter seien aufgefordert worden, nach Hause zu gehen – ihre Sicherheit sei das Wichtigste.Auch Laura-Sophie Putschies vom in beiden Ländern vertretenen Küchenzulieferer Hettich in Kirchlengern betonte, die &bdquo;Gedanken sind nun zuerst bei den Kollegen und allen Menschen in der Kriegsregion“. Die Folgen für das Geschäft seien unabsehbar – &bdquo;von Nachfrageeinbrüchen in der Region, über Einschränkungen im Geld- und Warenverkehr bis hin zur Abschwächung der Weltwirtschaft ist alles möglich.“ Der Lebensmittel-Konzern Oetker ist ebenfalls in Russland und der Ukraine vertreten, sagt Unternehmenssprecher Jörg Schillinger. In Russland gebe es 220 Mitarbeiter, in der Ukraine 25. &bdquo;Der Konflikt wird vor allem auf die Landesgesellschaften Auswirkungen haben“, sagt er. Wie heftig diese sein werden, sei noch nicht abzuschätzen. Bis zum Jahr 2020 ließ Gerry Weber in der Ukraine bestimmte Artikel in der passiven Lohnveredelung (PLV) fertigen. Das heißt, dass vor allem hochwertige Artikel durch eigens angelieferte Materialien in dem osteuropäischen Staat verarbeitet wurden. &bdquo;Das ist heute nicht mehr der Fall“, erklärt eine Sprecherin des Konzerns. Vielmehr habe man bereits 2020 auf das Vollgeschäft umgestellt. In Russland gebe es sowohl Geschäftsbeziehungen zu Franchise- als auch Wholesale-Partnern. &bdquo;Hier werden wir beobachten, wie sich die aktuelle Situation entwickelt.“

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