Modehändler aus OWL: "Die Lage wird täglich dramatischer"

Herford/Halle. Mit Blick auf die anstehende Bund-Länder-Runde am Mittwoch fordern Modehändler die Öffnung ihrer Läden am kommenden Montag. Ein Sieben-Punkte-Konzept, das etwa spezielle Mitarbeiter-Schulungen und eine Beschränkung durch Zugangskontrollen vorsieht, soll für Sicherheit sorgen. Auch Unternehmer aus Ostwestfalen-Lippe fordern ein Ende des Lockdowns. Eine längere Schließung bedeute dramatische Rückgänge von Rendite und Liquidität, warnt Klaus Brinkmann, geschäftsführender Gesellschafter bei Bugatti. Umfangreiche Hygienekonzepte bereits vor zweitem Shutdown Als Teil der bundesweiten Initiative &bdquo;Handeln für den Handel" fordert Bugatti die Öffnung der Geschäfte, Perspektiven unter Hygienebedingungen sowie die Gleichstellung des Handels mit Friseurbetrieben. Bereits vor dem zweiten Shutdown seien in den Geschäften umfangreiche Hygienekonzepte umgesetzt worden, die den sicheren Betrieb ermöglichten, sagt Brinkmann. &bdquo;Diese werden bei Öffnung selbstverständlich wieder angewandt. Die Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeiter steht an erster Stelle." Der Shutdown solle vielmehr regional – je nach Inzidenz – flexibel umgesetzt werden, schlägt der Herforder Unternehmer vor. Umsatzverlust ist nicht aufzufangen Mehr als 160 Händler und Unternehmen aus der Mode-Industrie sind inzwischen Teil von &bdquo;Handeln für den Handel" – darunter auch Gerry Weber aus Halle. Jeder Tag im Lockdown verliere das Unternehmen Umsatz, betont Sprecherin Kristina Schütze. Zwar sei die Belegschaft in den vergangenen Monaten sehr kreativ und schnell gewesen in Bezug auf die Umsetzung digitaler Strategien wie Personal Shopping, Verkaufsvideos, Online-Events für Kunden sowie Partner. &bdquo;Trotzdem können wir den Umsatzverlust nicht ansatzweise auffangen." Die Anforderungen an die Hygienekonzepte seien bereits nach dem ersten Lockdown sehr hoch gewesen und vollumfänglich umgesetzt worden. &bdquo;Wir sind natürlich dazu bereit, noch weiter nachzuschärfen, sollte dies Bedingung für eine Öffnung sein", so Schütze. Zu bedenken sei außerdem, dass die Zahl der Kunden seit Ausbruch der Pandemie generell wesentlich niedriger ausgefallen sei, was sich natürlich auch auf das Infektionsrisiko auswirke. Die Lage wird täglich dramatischer Die bislang ausbleibende Öffnungsstrategie, die eine Perspektive geben könnte, macht Mode-Unternehmen nicht nur finanziell zu schaffen, sondern behindert sie auch in ihrer saisonalen Planung. Hinzu kommen Verzögerungen bei der Auszahlung von Überbrückungshilfen. &bdquo;Die Lage für den Einzelhandel und die Bekleidungsindustrie wird mit jedem Tag, an dem die Geschäfte geschlossen bleiben, dramatischer", warnt Ahlers-Sprecherin Carla Henkel. &bdquo;Blieben die Läden weiterhin geschlossen, wäre das die dritte Saison in Folge, in der aktuelle Ware später nur noch mit großen Rabatten verkauft werden könnte", so die Sprecherin des Herforder Textilunternehmens. Modehändler befürchten Kundenverlust Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seien neben dem textilen Einzelhandel auch die dahinterliegende deutsche Mode- und Bekleidungsindustrie überproportional belastet und in ihrer Existenz massiv gefährdet worden. &bdquo;Gleichzeitig wurden der Handel und die Bekleidungsindustrie im Gegensatz zur Gastronomie weniger großzügig unterstützt", kritisiert die Sprecherin. Es sei eine &bdquo;enorme Ungerechtigkeit, dass Bekleidung im großen Stil im Lebensmittelhandel verkauft werden darf, während dies dem Bekleidungseinzelhandel verboten ist". &bdquo;Mit jedem Tag an dem der Handel geschlossen bleibt, können wir unsere Frühjahr/Sommer-Ware nicht an unsere Kunden ausliefern. Parallel müssen wir diese Ware bei unseren Vorlieferanten jetzt bezahlen. Zudem ist ein Kundensterben zu befürchten, was unsere künftigen Abverkaufsmöglichkeiten stark einschränken wird", so der Konzern. Endverbraucher haben den Online-Einkauf schätzen gelernt Der Großteil der Einzelhändler und Unternehmen wird einen verlängerten Lockdown nur überleben können, wenn Finanzhilfen kurzfristig und unbürokratisch geleistet werden, ist Silvia Bentzinger, CEO der Marke Seidensticker, überzeugt. Anderenfalls werde es weniger Händler und Marken geben, kleinere Einkaufsstädte müssten um ihr Überleben kämpfen. Das würde sich auch auf Vermieter von Immobilien in Einkaufslagen auswirken, die sich an deutlich niedrigere Mieteinnahmen gewöhnen müssten. "Der Endverbraucher hat den Online-Einkauf schätzen gelernt und dürfte nach eher tradierten früheren Widerständen nun Spaß daran bekommen haben. Unsere Prognose: Mode wird sehr bald zu gut 40 Prozent online eingekauft", prognostiziert Bentzinger. Hunderttausende Existenzen in NRW betroffen Der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) fordert von der Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch &bdquo;sehr zügig" Öffnungsschritte für den Handel. Hunderttausende Existenzen seien daran geknüpft, mahnt der FDP-Politiker in Düsseldorf. Beim nächsten Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Corona-Krise dürfe keine Neuinfektionsgrenze als Hürde für Erleichterungen definiert werden, die kein Land auf absehbare Zeit erreichen könne. Jetzt müssten stattdessen Schritte beschrieben werden, die Öffnungen im Handel und nachfolgend auch in Kultur, Sport und Gastronomie durch eine kluge Verzahnung von Tests, Impfungen und Apps zur Kontaktnachverfolgung ermöglichten. Der technologische Fortschritt bei der Nachverfolgung dürfe nicht beiseite geschoben werden, sagt Stamp. Darüber hinaus könne Handel nur nach Voranmeldung und nach personalisierten Corona-Tests Exzesse verhindern.

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