Friseure klagen an: "In die Schwarzarbeit getrieben"

Bielefeld. Der lang erwartete Termin: Am 1. März dürfen die Friseure wieder öffnen. Eine Erleichterung für die Salonbesitzer - aber auch für die Kunden. Denn zuletzt wurde es offenbar schwieriger, der Schwarzarbeit zu widerstehen - auf beiden Seiten. Kunden versuchten alles, um an die Handynummer von Friseuren zu gelangen. Sie hielten sich vor den Läden auf, um eventuell jemanden abzupassen, der einem die Haare schneiden konnte. Und den Friseuren fehlte schlichtweg das Geld. Dass die Schattenwirtschaft allgemein im Coronajahr zugenommen hat, zeigte sich erst kürzlich in der Jahresbilanz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Bundesweit seien im Rahmen der Ermittlungen über 100.000 Strafverfahren und über 57.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Die FKS habe Schäden in der Gesamthöhe von rund 816 Millionen Euro aufgedeckt. In vielen Branchen, wie Gastgewerbe, Friseurhandwerk und Messebau, seien in 2020 neue Prüfschwerpunkte gesetzt worden. "Die Ermittler sorgen damit für Fairness auf dem Arbeitsmarkt", sagt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Friseure sind frustriert "Ich habe oft von Kunden gehört, dass es ja nicht so illegal sein kann, wenn man doch bei den Fußballprofis und teilweise sogar Politikern genau sieht, dass sie sich die Haare haben machen lassen", erzählt eine Friseurin, die lieber anonym bleiben möchte. Fair sei da etwas anderes. "Die Kunden sehen das bei den Promis. Dann darf ich das auch, sagen sie. Nur das eine Mal. Das nächste Mal wäre es ja dann wieder im Salon." Der Druck, den Kunden nicht zu verlieren, sei immens gewesen. Wenn sie nicht auf das Angebot eingeht, tut es ein anderer Friseur. Dabei hatte man sich den Kundenstamm über Jahrzehnte aufgebaut. Sie selbst habe fast nichts mehr auf dem Konto, aber dem nachzugeben und schwarz arbeiten zu gehen, komme nicht in Frage: "Generell ist Schwarzarbeit Mist, weil es Salons kaputt macht." Dennoch habe sie Verständnis für die Kollegen, die in dieser Zeit dazu gezwungen sind - weil das Konto nun mal leer sei. "Wenn man sich an alle Vorschriften hält und dann doch wieder der erste ist, der schließen muss, ist das frustrierend", sagt sie. "Die Wut auf die Corona-Politik ist groß. Dazu kommt die blanke Panik vor der Insolvenz - wir Friseure werden vom Staat in die Illegalität getrieben." Von den versprochenen Corona-Geldern sei noch nichts bei den Friseuren angekommen. Und wenn das nicht schon schlimm genug sei, veranschlage der Staat auch noch die Gewerbe-und Einkommenssteuer. Das wären noch einmal knapp 10.000 Euro, die dem Friseur fehlen. Friseur-Obermeister meldet schwarz arbeitende Kollegen Olaf Kraußlach, Obermeister der Friseur-Innung Herford, weiß auch, dass einige seiner Kollegen schwarz arbeiten - doch er hat dafür überhaupt kein Verständnis: "Das geht auf Kosten derer, die sich an alle Regeln halten." Aus guten Quellen weiß er, dass es in Bünde einige "von diesen schwarzen Schafen" gibt. Das habe er auch zur Anzeige gebracht. Er hofft, dass mit der Wiedereröffnung der Salons auch die Schattenwirtschaft wieder kleiner wird. "Die Friseure werden in den nächsten Monaten ranklotzen müssen", sagt er. "Vielleicht sogar in zwei Schichten und bis spät in die Abendstunden hinein arbeiten." Arbeit wird also genug da sein. Dann komme auch wieder Geld in die Kassen. Den Frust der Friseure auf den Staat kann er aber nachvollziehen: "Mein Steuerberater sagt, dass wir dieses Mal wahrscheinlich auch wieder nichts bekommen. Bei der ersten Schließung mussten wir das Geld zurückzahlen, im Herbst haben wir nichts bekommen und die dritte Hilfe können wir jetzt erst beantragen - und das nach zwei Monaten ohne Einnahmen." Keine Schwerpunktkontrollen bei den Friseuren in der Region Die aktuellen regionalen Zahlen der Finanzkontrolle werden laut dem Hauptzollamt Bielefeld noch analysiert. Aber Schwerpunktkontrollen seien bei den Friseuren nicht durchgeführt worden, so der Pressesprecher.

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