Experte klärt auf: Was zu tun ist, wenn Arbeitnehmer gekündigt werden

Bielefeld. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt in Deutschland sind noch nicht eindeutig vorhersehbar. Trotzdem gehen einige Experten bereits davon aus, dass im Spätherbst oder Winter eine Entlassungswelle droht. Noch dient die Kurzarbeit laut einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung als Puffer für viele Unternehmen, doch Kurzarbeitergeld kann nur für zwölf Monate bezogen werden. Was passiert, wenn der Lohn nicht weiter gezahlt werden kann? Eine langfristige Prognose, ob nach Ablauf dieser Frist wirklich eine Kündigungswelle bevorsteht, will Norbert Krafeld nicht treffen. "Das ist reine Spekulation", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bielefeld. Er erklärt, worauf Arbeitnehmer achten müssen, wenn sie gekündigt werden und wann überhaupt über eine Abfindung verhandelt wird. Wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde "Eine Kündigung ist eine einseitige Entscheidung", sagt Krafeld. Jedoch eine Entscheidung, die das Leben des Arbeitnehmers betrifft. Dieser sollte sich genau überlegen, ob er dagegen angehen will oder nicht. Denn eine Kündigung kommt immer auch einer Kränkung oder Verletzung auf der Beziehungsebene gleich. Nach der Erfahrung des Arbeitsrechtlers würden viele Arbeitnehmer zunächst gegen eine Kündigung kämpfen, im Laufe der Zeit allerdings nach einer anderen Lösung suchen. Und die gibt es. Wem das Kündigungsschutzgesetz hilft Um die Entscheidung des Arbeitgebers überhaupt infrage stellen zu können, ist ein Blick in das Kündigungsschutzgesetz nötig. Seit 2004 muss ein Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen und der Betroffene länger als sechs Monate angestellt sein, damit der gesetzliche Kündigungsschutz greift. "Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist", heißt es dort. Die Sozialauswahl ist ein Auswahlverfahren bei der betriebsbedingten Kündigung. Krafeld erläutert dies am Beispiel eines fiktiven Unternehmens mit 200 Angestellten, das 50 davon entlassen muss. "Die Sozialauswahl findet nur statt zwischen denjenigen, die vergleichbar sind", erklärt er. Das würde zum Beispiel für Personen gelten, die alle die gleiche Fließbandarbeit ausführen. Dann entscheiden die Kriterien Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung oder Unterhaltsverpflichtungen darüber, wer zuerst entlassen wird. Wie man eine Kündigungsschutzklage einreicht Im Kündigungsschutzgesetz ist verankert, dass eine Klage gegen eine Kündigung spätestens drei Wochen nach dem schriftlichen Eingang der Kündigung erfolgen muss. Entscheidend sei hier der Einwurf im Briefkasten und nicht, wann der Arbeitnehmer die Kündigung in den Händen hält, sagt Krafeld. Arbeitnehmer sollten sich die Hilfe eines Anwalts holen, um die Klage beim Arbeitsgericht einzureichen - doch das müssen sie nicht. Wird die Kündigung durch eine Klage angegriffen, lädt der Richter Arbeitgeber und -nehmer zum Gütetermin. Sollte hier keine Einigung gefunden werden, wird ein Kammertermin angesetzt, an dem zusätzlich noch zwei ehrenamtliche Richter teilnehmen. Die Kammer spricht dann ein Urteil und entscheidet über eine Kündigung oder eine Weiterbeschäftigung. Sollte das Gericht feststellen, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den angedachten Kündigungstag hinaus besteht, hat der Arbeitnehmer unter Umständen Anspruch auf Verzugslohn - und das, obwohl er in der Zeit gar nicht gearbeitet hat. "Je länger das geht, desto teurer wird es also", erklärt Krafeld. Der Fachanwalt sieht darin den Hauptgrund für Arbeitgeber, eine Abfindung mit seinem gekündigten Angestellten zu vereinbaren. Wann über eine Abfindung verhandelt wird "Ein Recht auf eine Abfindung gibt es nicht", sagt Krafeld. Laut seiner Erfahrung einigen sich Arbeitgeber und -nehmer in der Mehrzahl der Kündigungsschutzverfahren auf eine derartige Zahlung. Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Das Kündigungsschutzgesetz sieht für die Höhe als Anhaltspunkt ein halbes Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr vor - das würde zum Beispiel bei einem Gehalt von 4.000 Euro und einer fünfjährigen Beschäftigung eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro bedeuten. Krafeld betont aber, dass jeder Fall einzeln zu bewerten sei und keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden könnten. Was die Hilfe durch einen Anwalt kostet Die Kosten einer Kündigungsschutzklage setzen sich aus den Gerichts- und Anwaltskosten zusammen, wobei sich deren Höhe nach dem Streitwert richtet. Dieser orientiert sich am dreifachen Bruttomonatsgehalt des Klägers, erklärt der Arbeitsrechtler. In der Regel müssten Kläger mit einer Gebühr zwischen 1.000 und 2.000 Euro rechnen, sagt Krafeld. Der Fachanwalt rät deshalb zu einer Rechtsschutzversicherung.

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