EU-Reform zwingt Fernfahrer künftig, in einem Hotel zu nächtigen

Bielefeld. Fernfahrer sind oft monatelang quer durch Europa unterwegs – weit weg von der Familie. Häufig übernachten sie in der Fahrerkabine – nicht selten irgendwo am Straßenrand. Zum Ärger von Anwohnern. Ein vom EU-Parlament verabschiedetes Gesetzespaket soll ihre Arbeitsbedingungen in der EU verbessern und die Grauzone beseitigen. Es soll Schluss sein mit Sozialdumping, Ausbeutung und Niedrigpreisen. "Verzerrter Wettbewerb" Von dem Reformpaket (&bdquo;mobility package") würden vor allem Lkw-Fahrer aus Osteuropa profitieren, heißt es in der Branche. In vielen westeuropäischen Ländern – darunter auch in Deutschland – seien die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten bereits per nationalem Gesetz gängige Praxis. Deutsche Spediteure ärgern sich über Dumpingpreise von osteuropäischen Konkurrenten, deren Fahrer ständig in Deutschland hausierten und &bdquo;nur zum Anstand mal über die Grenze in die Niederlande fahren", wie der Bad Oeynhausener Spediteur Horst Kottmeyer, Aufsichtsratsvorsitzender des Bundesverbandes Güterverkehr Logistik, kritisiert. &bdquo;Das ist verzerrter Wettbewerb", sagt auch Holger Dechant, Geschäftsführer des Paderborner Schwergutspezialisten Universal Transport. Er vermisst regelmäßige Kontrollen. Osteuropäische Lkw-Fahrer, die meist bei bulgarischen oder rumänischen Firmen angestellt sind, campieren laut Deutschlandfunk an Wochenenden regelmäßig am Duisburger Hafen, wo sie im Freien kochen. Wasseranschluss und Toiletten fehlen auf dem Parkplatz. Wochentags transportierten sie Waren aus Deutschland in Nachbarländer. Nach Angaben von Stefan Thyroke, Leiter der für Speditionen und Logistik zuständigen Verdi-Fachgruppe, erbringen rumänische Fahrer 40 Prozent der Transportleistungen innerhalb von Deutschland, 35 Prozent der beförderten Waren gehen nach Frankreich. Oft würden sie von Briefkastenfirmen in Rumänien beschäftigt, die ihren Fuhrpark ganz woanders hätten. "Rumänen haben mehrere Arbeitsverträge für die Behörden" &bdquo;Für die Behörden haben die rumänischen Fahrer mehrere Arbeitsverträge in der Tasche", sagt der Gewerkschafter. Für die Fahrt durch verschiedene Länder. &bdquo;Sie spielen das Spiel aus Angst vor Arbeitslosigkeit mit." Denn in Deutschland gilt für sie der deutsche Mindestlohn - und das auch künftig, sofern sie hierzulande beladene Waren in europäische Nachbarländer bringen. Knapp 400 Euro beträgt der rumänische Mindestlohn. Plus Spesen kommen sie im Schnitt auf 1.300 Euro brutto. &bdquo;Rumänische Lkw-Fahrer parken nicht nur in Ludwigshafen in der Bahnhofsgegend und warten auf Anrufe von Auftraggebern", sagt Willy Schnieders, Vorsitzender der Kraftfahrergewerkschaft. Ihnen fehle selbst das Geld, um eine öffentliche Dusche aufzusuchen – geschweige denn ein Hotel. "Wie sollen die Fahrer nachts ein Hotel in der Stadt aufsuchen?" &bdquo;Wie sollen die Fahrer ein Hotel aufsuchen, wenn sie mit ihren großen Lkws oder Schwerlastern nachts nicht in die Städte fahren dürfen?", fragt Schnieders. Zudem gebe es zu wenige Hotels und Parkplätze. Dass mit der Reform auch osteuropäische Fahrer während der regelmäßigen Ruhezeiten nicht mehr in der Fahrerkabine schlafen dürfen, hält der Gewerkschafter in der Praxis für nicht umsetzbar. Laut der vom EU-Parlament verabschiedeten Reform für alle EU-Länder müssen Lkw-Fahrer spätestens ab 2021 am Ende der dritten Woche eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden machen. &bdquo;Meist ist dies das Wochenende", sagt Thyroke. Bei dieser Ruhezeit dürfen Lkw-Fahrer nicht mehr in der Kabine schlafen, sondern müssen auf Kosten der Arbeitgeber ein Hotelzimmer nehmen. Damit sollen überfüllte Rastplätze vermieden werden. Alle vier Wochen zurück in die Heimat Außerdem erhalten alle Lkw-Fahrer in der EU das Recht, alle vier Wochen in ihr Heimatland, sprich zum Sitz des Arbeitgebers, zurückzukehren. &bdquo;Bisher dürfen rumänische Lkw-Fahrer nur zweimal im Jahr nach Hause fahren", sagt der Gewerkschafter. Er hätte sich eine regelmäßige Ruhepause schon am Ende der zweiten Woche gewünscht. Doch Thyroke ist froh, dass nach zehn Jahren ein einheitlicher Rechtsrahmen in der EU geschaffen wird. Auch Spediteure und Verbände befürworten die neuen Regeln, die die Nationalstaaten nun umsetzen müssen.

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