
Bielefeld. Allein in Ostwestfalen-Lippe arbeiten rund 34.000 Menschen in der Lebensmittelindustrie. Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verrichten diese Menschen ebenfalls einen systemrelevanten Job, allerdings bleibe die Anerkennung bislang aus. „Während in der Pandemie viele Branchen auf Kurzarbeit oder Homeoffice umgestellt haben, ist die Ernährungsbranche teils noch immer von Extra-Schichten und Überstunden geprägt", sagt Gaby Böhm von der NGG-Region Bielefeld-Herford.
Seit Ende März steht die NGG etwa für die Beschäftigten in der Getränke-, der Brot- oder der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in neuen Tarifverhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden. „Nicht nur die Hamsterkäufe im März und April haben zu einer höheren Arbeitsbelastung in der Branche geführt. Wenn jetzt im Sommer die Gastronomie und der Inlandstourismus wieder Fahrt aufnehmen, könnte es auch zu vermehrten Bestellungen durch Großabnehmer kommen", erklärt Böhm. Zwar habe es in einzelnen Bereichen der Lebensmittelwirtschaft auch Einbrüche gegeben, insgesamt habe sich die Branche aber „krisenfest" gezeigt.
Gewerkschaft fordert 190 Euro mehr im Monat
Das ist auch das Hauptargument für die NGG in den aktuell laufenden Tarifverhandlungen, etwa für die Beschäftigten der obst- und gemüseverarbeitenden Betriebe. „Viele Betriebe haben von der Krise profitiert und unsere Mitglieder wissen, was in den Betrieben los ist", sagt Armin Wiese von der NGG, dessen Gewerkschaft unter anderem eine generelle Lohnerhöhung von 190 Euro und eine Anhebung der Ausbildungsgehälter um 75 Euro fordert. Die Arbeitgeberseite bot im Gegenzug unter anderem eine Einmalzahlung von 150 Euro und eine Entgelterhöhung von 1,4 Prozent ab dem 1. Juli an.
Am kommenden Freitag folgt die dritte Tarifrunde. Bei der NGG stehen die Zeichen indes auf Sturm. Wiese glaubt nicht, dass es bei der nächsten Tarifverhandlung zu einer Einigung kommen wird. Es werde zu Streiks kommen, vonseiten der NGG bereite man sich bereits darauf vor.
INFORMATION
NGG: Werkverträge abschaffen
Laut NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) ist die Fleischproduktion in Deutschland auch ohne den Einsatz umstrittener Werkverträge möglich.Das Kilogramm Schweinefleisch würde nach Berechnungen der Gewerkschaft nur 10 bis 20 Cent teurer, wenn in den Schlachthöfen vernünftige Arbeitsbedingungen eingehalten würden, sagte Gewerkschaftschef Guido Zeitler.Zeitler forderte zudem eine deutschlandweite Testung aller Arbeiter in Schlachthöfen auf eine Corona-Infektion.