Forscher: Eine ganze Generation wird sich nie von der Coronakrise erholen

Berlin/Bielefeld. Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise treffen die gesamte Gesellschaft, doch eine Generation trifft die Krise besonders hart – die Generation Z. Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt gar vor einer verlorenen Generation und auch Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die, die kurz vor der Schwelle des Berufslebens stehen, nicht mehr von den Folgen der Krise erholen werden. Das gilt nach Einschätzung von Deutschlands bekanntestem Jugendforscher Klaus Hurrelmann vor allem für Geringqualifizierte: &bdquo;Die Krise schwächt die Schwächsten." Es sind düstere Prognosen, die Wissenschaftler verschiedener Disziplinen aktuell für die Generation Z haben. &bdquo;Die Krisen in den vergangenen Jahrzehnten haben gezeigt, dass vor allem die geschützt werden, die bereits erwerbstätig sind und nicht die, die ihre berufliche Laufbahn beginnen", erklärt Hurrelmann, der nach langer Tätigkeit als Professor an der Universität Bielefeld aktuell an der Hertie School of Governance in Berlin lehrt. &bdquo;Die Generation muss mit Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt rechnen, auch die Hochqualifizierten." Coronakrise trifft deutsche Wirtschaft härter als Finanzkrise Ökonomen erwarten längere Wartezeiten auf Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätze und zwischen den Karriereschritten sowie schlechtere Aufstiegschancen, sinkende Einstiegsgehälter und ein grundsätzlich geringeres Einkommensniveau. Zudem rechnen sie mit einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit. Denn die deutsche Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise: Aktuell gibt es 2,8 Millionen Arbeitslose, sechs Millionen Kurzarbeiter und Tausenden Betrieben droht die Pleite. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Coronakrise der deutschen Wirtschaft noch stärker schadet als die Finanzkrise 2008 und 2009. Demnach droht eine Generation, die die Folgen der Coronakrise ausbaden muss. Dabei hatten die jungen Frauen und Männer, die kurz vor oder nach der Jahrtausendwende geboren wurden, mit Blick auf den Fachkräftemangel, ihre hohe Qualifikation und ihre digitale Affinität bis vor Kurzem noch ausgezeichnete Zukunftsaussichten. &bdquo;Die letzte Generation, die in ihrer sensiblen Jugendzeit mit derart wunderbaren wirtschaftlichen Perspektiven groß geworden ist, waren die 1968er und die Babyboomer", sagt Hurrelmann. Generation Z ist krisenerprobt und politisch aktiv Doch die Coronakrise bremst die rosigen Zukunftsaussichten der Generation Z aus. Ökonomen bezeichnen diesen Effekt als Economic Scarring (ökonomische Narben). &bdquo;Krisen, die Menschen während ihrer prägenden Jahre durchleben, hinterlassen Spuren. Die Zurücksetzungen, die sie erfahren, können sie ein Leben lang begleiten", bestätigt Hurrelmann. &bdquo;Die Generation Y hat das erlebt. Ihr wurde signalisiert, dass sie zu viele sind. Geblieben ist eine tastende, taktierende Grundhaltung dieser Jahrgänge zwischen 1985 und 2000." Allerdings sind die Generationen Y und Z nach Einschätzung Hurrelmanns krisenerprobt. &bdquo;Die Generation Y hat die Finanzkrise durchlebt und die Generation Z hat die Klimaerwärmung als Krise benannt und kämpft dagegen. Viele junge Menschen dieser Generation sind politisch aktiv, clever, widerstandsfähig und intelligent." Junge Menschen profitieren von demografischer Entwicklung Zudem komme den jungen Generationen auf dem Arbeitsmarkt die demografische Entwicklung zu Gute. &bdquo;Die älteren Jahrgänge, die jetzt 55 Jahre oder älter sind, gehen langsam in den Ruhestand. Diese Jahrgänge sind doppelt so groß wie die jüngeren, weshalb der Fachkräftebedarf auf dem Arbeitsmarkt weiter bestehen wird", sagt Hurrelmann. Davon werden nach Einschätzung des Jugendforschers jedoch vor allem die Hochqualifizierten profitieren. &bdquo;Fast 60 Prozent eines Jahrgangs beenden die Schullaufbahn mit dem Abitur und schließen danach anspruchsvolle Lehren und Studien ab. Sie sind qualifiziert, agil und digital affin. Das haben sie älteren Jahrgängen voraus", erklärt Hurrelmann. &bdquo;Anders ist auch ihre Haltung. Sie haben eine innere Burnout-Sperre und verhindern, dass die Arbeit ihr Leben diktiert." Schlechte Chancen für Geringqualifizierte Sie fordern laut Hurrelmann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine hohe Lebensqualität selbstbewusst ein. &bdquo;Was Arbeitgeber und ältere Generationen mitunter irritiert, obwohl sie viel davon lernen könnten." Hurrelmann geht davon aus, dass junge Menschen von dieser Attitüde aufgrund der Krise Abstand nehmen müssen. &bdquo;Doch diese Ernüchterung bedeutet nicht, dass sie ihre Prinzipien aufgeben müssen. Sie brauchen nur Geduld." Deutlich schlechtere Chancen trotz Krise beruflich durchzustarten, haben die Geringqualifizierten der Generation Z. &bdquo;Das gilt für 20 Prozent der Jahrgänge, die schon vor der Krise Probleme hatten. Betroffen sind vor allem junge Menschen, die zuhause aufgrund wirtschaftlicher, familiärer oder sprachlicher Probleme nicht unterstützt werden können", erklärt Hurrelmann. &bdquo;Betroffene werden in der Schule abgehängt, denn nach wie vor hängt der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen in Deutschland stark vom Elternhaus ab." Während der Krise nimmt diese Entwicklung laut Hurrelmann sogar noch zu. &bdquo;Mitunter werden Schüler auch von engagierten Schulen und Lehrern nicht mal mehr erreicht. Das führt dazu, dass diese Schüler abgehängt werden. Die Bildungsungleichheit wächst."

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