Wenn Versicherungen Betriebsschließungen doch nicht absichern

Bielefeld. Um sich vor finanziellen Verlusten aufgrund von Betriebsschließungen zu schützen, haben sich viele Unternehmen dagegen abgesichert. Versicherer bieten für diese Fälle Policen an, die neben Schäden durch Einbrüche oder Feuer auch Kosten absichern, die in Folge einer Schließung aufgrund einer Seuche entstehen. Unternehmer, die davon ausgehen, dass diese Versicherung auch im Fall einer Schließung aufgrund des Coronavirus greift, erleben in vielen Fällen aktuell jedoch ein böses Erwachen. Versicherer wie die Allianz lehnen nach Informationen dieser Zeitung Entschädigungszahlungen bei Betriebsschließungen aufgrund des Coronavirus ab, weil das neuartige Virus erst seit dem 1. Februar im Infektionsschutzgesetz aufgeführt wird. Die Folge: Die mitunter kostspieligen Versicherungen helfen Unternehmern nicht gegen die Folgen existenzbedrohender Betriebsschließungen. IHK rät Unternehmern zu einer rechtlichen Prüfung Folgendes Beispiel zeigt, wie schwierig die Situation für viele Betriebe ist: Ein Bäckermeister in OWL betreibt drei Filialen. Um sich gegen Betriebsschließungen aufgrund einer Seuche abzusichern, zahlt er jährlich knapp 15.000 Euro. Um sich auf mögliche Folgen einer Schließung vorzubereiten, kontaktiert der Unternehmer seine Versicherung. Auf Nachfrage erklärt ihm ein Mitarbeiter der Allianz jedoch, dass bei einer Betriebsschließung aufgrund des Coronavirus keine Entschädigung gezahlt wird, obwohl Schließungen im Seuchenfall explizit in der Police genannt werden. Die Begründung: Zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses war die neue Krankheit Covid-19 noch nicht Teil des Infektionsschutzgesetzes. Die IHK Ostwestfalen rät Unternehmern in solchen Fällen zu einer rechtlichen Überprüfung der Versicherung. &bdquo;Ob die Versicherung zahlen muss, hängt von den Versicherungsbedingungen ab", erklärt der Jurist Lars Henning Döhler von der IHK-Rechtsberatung. &bdquo;Es gibt Versicherungsbedingungen, die nur pauschal auf das Infektionsschutzgesetz verweisen und Versicherungsschutz bieten, wenn eine in diesem Gesetz genannte Krankheit zu einer Schließung führt. Dann hat der Unternehmer gute Chancen auf eine Zahlung." Covid-19 wird erst seit Februar im Infektionsschutzgesetz aufgeführt Es gibt aber auch Versicherungsbedingungen, die auf das Infektionsschutzgesetz zu einem bestimmten Zeitpunkt verweisen oder zusätzlich in den Bedingungen bestimmte Krankheiten auflisten, die versichert sein sollen. In Listen dieser Art ist Covid-19 jedoch nicht enthalten, da die Krankheit erst seit dem 1. Februar im Gesetz aufgeführt wird. &bdquo;Mit solchen Bedingungen lehnen Versicherer die Zahlung meist ab", so Döhler. Doch auch in solchen Fällen rät der Jurist zu einer rechtlichen Prüfung. &bdquo;Ob Versicherer zahlen müssen, hängt vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen ab. Ich weiß, dass Unternehmer mit Klagen gegen Versicherer zurückhaltend sind, weil die Versicherer meist einen längeren Atem haben, aber pauschal sollten Unternehmer einen Rechtsstreit in solchen Fällen nicht ausschließen, wenn die Wortlautauslegung Aussicht auf Erfolg verspricht", sagt Döhler. &bdquo;Eine Rechtsprechung, an der man sich orientieren kann, gibt es allerdings noch nicht." Unternehmen der Lebensmittelbranche sind flächendeckend versichert Versicherer bieten Firmen unterschiedliche Policen zum Schutz vor Betriebsschließungen an. In Betriebsunterbrechungsversicherungen, Multi-Risk-Policen oder Praxisausfallversicherungen müssen Schließungen aufgrund eines Seuchenfalls jedoch extra als Zusatzbaustein abgesichert werden. &bdquo;In der Betriebsunterbrechungsversicherung mus beispielsweise mindestens eine zusätzliche Deckungserweiterung für behördliche Schließungen nach dem Infektionsschutzgesetz vereinbart sein", erklärt Döhler. &bdquo;In der Lebensmittelbranche sind die Unternehmen für Seuchenfälle flächendeckend abgersichert. Das ist wichtig, weil sie auch in der Vergangenheit schon mit den Folgen von Seuchen zu kämpfen hatten." In anderen Branchen verzichten die meisten Unternehmen hingegen auf die kostspieligen Zusätze in den Versicherungen. Die Allianz erklärt auf Anfrage, dass aufgrund der sich ausbreitenden Pandemie keine pauschalen Antworten auf Fragen zu Entschädigungsansprüchen infolge von Betriebsschließungen aufgrund des Coronavirus getroffen werden können. &bdquo;Etwaige Ansprüche sind abhängig von der individuellen Ausgestaltung des Versicherungsvertrages und dem konkreten behördlichen Vorgehen", erklärt Sprecherin Charlotte Gerling. Es werde aber jeder Einzelfall geprüft. Die Haftpflichtkasse erklärt hingegen pauschal, dass Betriebsschließungsversicherungen bei Schließungen aufgrund von Covid-19 nicht greifen. Zudem werden aktuell keine neuen Anträge für Betriebsschließungsversicherungen angenommen. Es gibt aber auch Ausnahmen. Der HDI Haftpflichtverband oder Signal Iduna haben beispielsweise ihre Versicherungsbedingungen früh erweitert und Betriebsschließungen wegen des Coronavirus ausdrücklich eingeschlossen.

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