Die Rente wird teurer und weniger

Berlin. Nach anderthalb Jahren Arbeit wird die Rentenkommission der Bundesregierung Ende des Monats den lang erwarteten Rentenbericht vorlegen. Die zehnköpfige Expertenrunde mit dem Titel &bdquo;Verlässlicher Generationenvertrag", die Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, hat Vorschläge für die Alterssicherung der Zukunft erarbeitet. Doch noch vor der Veröffentlichung zeigen sich Experten von den Ergebnissen entsetzt. Gerade einmal 30 Seiten umfasst der Bericht, der anstelle der geforderten Empfehlungen vor allem wolkige Formulierungen enthält. Die Kommission schlägt als Abschluss ihres Berichts sogar vor, dass nach 2025 eine neue Expertenrunde beraten soll. &bdquo;Mit Blick auf die Menschen in Deutschland, für die ihre Rente gerade einmal zum Existieren reicht, ist das eine enttäuschende Leistung der Kommission", sagt Wolfgang Diembeck, gesundheitspolitischer Sprecher des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten. &bdquo;Die Rentenlücke wächst, doch auch nach anderthalb Jahren Arbeit hat die Bundesregierung nichts vorzuweisen, um diese Entwicklung aufzuhalten." Durchschnittsverdiener: Rentenlücke liegt bei mehr als 1.000 Euro Diese Beispielrechnung zeigt, welche Folgen die Rentenlücke haben kann: Der Durchschnittsverdienst in Deutschland liegt in den alten Bundesländern aktuell bei 40.551 Euro im Jahr, also 3.379 Euro pro Monat. Netto bleiben dem Beschäftigten 2.430 Euro. Die Netto-Rente ohne Steuern beträgt 1.325,14 Euro. &bdquo;Im Vergleich zu seinem bisherigen Netto-Einkommen fehlen dem Rentner also satte 1.104,86 Euro", erklärt Diembeck. &bdquo;Diese große Lücke zeigt, wie wichtig eine zusätzliche Altersvorsorge ist, doch vielen ist diese Lücke nicht bewusst." Doch auch bei der zusätzlichen Altersvorsorge greift der Staat aktuell ein, wie die weiterhin bestehende Doppelverbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen zeigt. Seit Januar 2020 müssen Rentner auf ihre Betriebsrente zwar erst oberhalb eines Freibetrags für die gesetzliche Krankenversicherung von 159,25 Euro Beiträge an die Krankenkasse abführen, doch viele Betroffene liegen über diese Grenze. &bdquo;Der Staat bestraft Bürger, die für das Alter vorsorgen, deshalb müssen vor allem junge Menschen aktuell genau prüfen, ob sich Betriebsrenten und Direktversicherungen bei der momentanen Rechtslage überhaupt noch lohnen." Bei beiden Modellen sind aktuell volle Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Auszahlung zu zahlen. &bdquo;So dass annähernd ein Fünftel von der prognostizierten Auszahlung abzuziehen sind", warnt Diembeck. An der Streitfrage des Renteneintrittsalter drohte die Kommission zu zerbrechen Auch Rentenexperten der Bundesregierung sind von den Ergebnissen der Rentenkommission ernüchtert, wie sie im Gespräch mit nw.de erklären. &bdquo;Erwarten sie nicht zu viel", mahnt ein Rentenexperte der Koalition, der den noch vertraulichen Abschlussbericht bereits gelesen hat. Dies gilt insbesondere für die Streitfrage Renteneintrittsalter. An ihr drohte die Kommission zu scheitern. In der Expertenrunde zeichnete sich eine Mehrheit für den Vorschlag der Bundesbank ab, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Dies würde aktuell eine Heraufsetzung der Regelaltersgrenze auf 69,4 Jahre bedeuten. Dagegen haben die Gewerkschaften jedoch massiv protestiert und so dafür gesorgt, dass das Thema faktisch nicht entschieden wurde, sagt ein Vorsitzende der DGB-Gewerkschaften. Nur deshalb ist ein gemeinsamer Abschlussbericht möglich geworden. Die SPD wollte nach dem Streit über die Einführung der Rente ab 67 nicht erneut einen Konflikt mit den Gewerkschaften riskieren. Die Gewerkschaften lehnen eine Anhebung der Regelaltersgrenze ab, weil die stufenweise Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 erst in elf Jahren abgeschlossen ist. Haltelinien sollen den demografischen Veränderungen angepasst werden Einigen konnte sich die Kommission hingegen in anderen Punkten: Die von der Großen Koalition 2018 beschlossenen Haltelinien bei den Beiträgen und dem Versorgungsniveau sollen ab 2025 den demografischen Veränderungen angepasst werden. Die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hälftig zu zahlenden Beiträge, aktuell 18,6 Prozent, dürfen laut Gesetz bis zur Mitte des Jahrzehnts nicht über 20 Prozent steigen. Danach hält die Kommission aber einen Anstieg auf bis zu 24 Prozent für vertretbar. Es wird also für die Beitragszahler teurer. Beim Rentenniveau, das ausdrückt, in welchem Verhältnis die durchschnittliche Rente zum Durchschnittslohn steht, schlägt die Mehrheit der Kommission eine Bandbreite von 49 bis 44 Prozent vor. Dies bedeutet für die Ruheständler eine spürbare Verschlechterung. Denn bislang gilt diese Haltelinie: 48 Prozent dürfen nicht unterschritten werden. 2004 betrug das Rentenniveau fast 53 Prozent. 2019 nur noch 48,1 Prozent. Trotz spürbarer Rentensteigerungen in diesem Jahr müssen sich Ruheständler künftig auf Verschlechterungen einstellen. Deshalb hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hierzu eine Minderheitsmeinung zu Protokoll gegeben. Er fordert &bdquo;beim Niveau 48 Prozent als definitive Untergrenze festzulegen". Langfristig müsse es auf 50 Prozent steigen, heißt es im DGB-Sondervotum, das dieser Zeitung vorliegt.

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