Beckhoff fordert: OWL soll Zentrum für Künstliche Intelligenz werden

Bielefeld. Bei Hans Beckhoff muss man genau hinhören. Der Unternehmer aus Verl hat einen trockenen Humor, und nicht alles ist so gemeint, wie es zunächst klingt. "Ingenieure müssen die Welt retten", ist so ein Satz, bei dem man stutzt. Aber Beckhoff meint es ernst, als er ihn beim Neujahrsempfang des Industrie- und Handelsclubs OWL (IHC) sagt. Wenn es Ingenieuren gelingt, erhöhte Produktivität und mehr Wohlstand zu ermöglichen, dann sinkt die Gefahr von Konflikten um knappe Ressourcen unter den Menschen, so die Idee. Seine Vision für die Zukunft der Region OWL stellte Beckhoff ganz ans Ende seines Vortages, der sich um Aspekte der "Künstlichen Intelligenz" drehte: Die Region ist schon heute stark bei intelligenter industrieller Produktion, stellte er fest. "Das Ziel muss es jetzt sein, das Ostwestfalen-Lippe auch ein Hotspot der Künstlichen Intelligenz wird." IHC-Chef Dörrenberg "als Ingenieur" begeistert Beckhoffs Worte ernteten von den 300 Unternehmern im Foyer der Bielefelder Oetker-Halle herzlichen Applaus. "Das macht viel Mut", freute sich IHC-Präsident Eduard R. Dörrenberg. "Mich als Ingenieur hat das begeistert - dass wir die Welt retten dürfen", so der Chef des Bielefelder Kosmetik- und Pharmaunternehmens Dr. Wolff ("Alpecin"). Der 51-Jährige hat einst selbst in Zürich Maschinenbau studiert. Begeistert waren die Gäste auch über das von IHC-Geschäftsführerin Cornelia Moss umgesetzte neue Konzept, den Neujahrsempfang zu einem großen Event mit Livemusik und Dinner zu machen - die Clubmitglieder kamen aus der ganzen Region zusammen. Ins richtige Licht getaucht erlebten sie die ehrwürdige Oetker-Halle mit cooler Atmosphäre. Beckhoffs Industrie-PCs steuern Windmühlen in aller Welt Der Redner des Abends war dem Publikum kein Unbekannter: Beckhoff, der in Berlin und Münster in den 70er Jahren Atomphysik studierte und dann sein Unternehmen Beckhoff Automation gründete, genießt einen erstklassigen Ruf. Seine Firma beschäftigt inzwischen 4.300 Mitarbeiter, erzielte 2019 mehr als 910 Millionen Euro Umsatz und strebt jetzt die Milliardenschwelle an. In Verl behauptet er sich als Wettbewerber des Siemens-Konzerns bei der Produktion von Industriecomputern, und die PCs aus Ostwestfalen sind weltweit begehrt zur Maschinensteuerung. So statten die marktführenden chinesischen Windrad-Hersteller jede zweite Anlage mit einer Beckhoff-Steuerung aus: "Etwa jede vierte Windmühle weltweit dürfte unsere Technik verwenden", so Beckhoff. Der 65-Jährige gilt auch als einer der maßgeblichen Köpfe hinter der Etablierung des IT-Spitzenclusters "IT's OWL" (Intelligente Technische Systeme). Das Cluster vernetzt mehr als 170 Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft zur Weiterentwicklung von Automatisierung und Industrie 4.0. Künstliche Intelligenz ahmt das menschliche Gehirn nach Und nun also Künstliche Intelligenz - kurz KI. Ein Geheimnis der Technik, von der seit Jahren alle reden - in der Deutschland aber von den USA und China abgehängt zu sein scheint - sei die Nachbildung des menschlichen Gehirns und seiner "neuronalen Netze" durch Computer, so Beckhoff. Obwohl die Maschinen inzwischen zu erstaunlichen Leistungen fähig seien (und in Spielen wie Schach und Go die besseren sind), sei es doch nicht mehr als "eine gewisse Intelligenz", die sie bisher erreichten. Doch während Menschen ihr Können irgendwann mit in die Rente nehmen und der Nachwuchs alles neu erlernen muss, können die Computer ihre Fähigkeiten - verewigt in mathematischen Formeln und Algorithmen - per Download an die nächste Generation weitergeben. Maschinen haben gelernt, selbst hinzuzulernen, und so schreitet die Technik unbeirrt voran, durch immer leistungsfähigere Speichermedien unterstützt. Maschinen werden intelligenter sein als Menschen Beckhoffs Resümee klang ein wenig gruselig: Die Menschen hätten akzeptieren müssen, dass Bagger stärker sind und schneller graben können. Man musste akzeptieren, dass Maschinen ausdauernder und präziser sind. Und man werde irgendwann auch hinnehmen müssen, dass Maschinen intelligenter sind "und schon wissen, was man gerade sagen wollte". Und Beckhoff fragte "Kommen wir damit zurecht?" Es könnte schön werden, glaubt Beckhoff. Arbeitsplätze werden sich ändern, die Arbeitszeit kann massiv sinken. Die Lebensqualität wird steigen. Und auch die Ökologie profitiert, weil KI beim optimalen Einsatz der Ressourcen hilft. Ganz nebenbei verriet Beckhoff, dass er eine besondere Nähe zu Themen rund um Nerven und Gehirn hat. Es war einst im Jahre 1987, als er im Bielefelder Lokal Zweischlingen bei der Lektüre eines wissenschaftlichen Artikels über neuronale Netze mit Medizinern am Nachbartisch ins Gespräch geraten sei. Die beteiligte Neurologin sei zwei Jahre später seine Frau geworden. "Eine gute Wahl", so Beckhoff - getroffen noch ganz ohne das Zutun künstlicher Intelligenz.

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