
„Gastgeber der Mächtigen" heißt der Titel eines Buches, das 2017 über Klaus Schwab erschien. Ein bisschen dämonisch schaut der kahlköpfige, mittlerweile 81-Jährige vom Cover. Vielleicht ist er der erfolgreichste Eventmanager der Welt. Als promovierter Ökonom gründete er 1971 einen kleinen Kongress für Unternehmer in der Schweiz. Mittlerweile ist daraus das Weltwirtschaftsforum von Davos entstanden, das ab kommenden Dienstag zum insgesamt 50. Mal tagt.
"Ich sehe mich fast als Künstler", sagte der gebürtige Ravensburger mal über sich selbst. Tatsächlich ist es ihm gelungen, eine Art Gipfeltreffen der globalen Wirtschafts- und Politikelite zu kreieren und Jahrzehnte am Leben zu erhalten. Dieses Jahr sollen neben US-Präsident Donald Trump wieder Dutzende Regierungs- und Staatschefs teilnehmen, unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel.
WEF: Ungezwungene Kleidung und Gespräche im Gang
Trotz vieler hochrangiger Besucherinnen und Besucher hat Schwab seinem WEF die spezielle Atmosphäre einer gewissen Ungezwungenheit bewahrt. Viele Konzernvorstände erscheinen ohne Sakko und Krawatte, stattdessen in Rollkragenpullover und dicken Schuhen. In den Sälen und Gängen des Kongresszentrums von Davos dürfen und müssen Leute wie Software-Milliardär Bill Gates oder Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg damit rechnen, von irgendwem mal eben angesprochen zu werden. Zum guten Ton des WEFs gehört es dann, wenigstens kurz zu reden – und nicht hochnäsig weiterzuspazieren.
So hält das auch Klaus Schwab. Freundlich und zugewandt, hat er Interesse an anderen Menschen und Ideen, nimmt sich Zeit, hört zu, diskutiert. Es kommt vor, dass er sich in der Kantine seiner Firmenzentrale bei Genf selbst die Koch-Jacke anzieht und die weiße Mütze aufsetzt, um seinen Beschäftigten das Mittagsessen auszugeben. Andererseits ist er Chef eines Unternehmens mit 320 Millionen Euro Jahresumsatz und rund 800 Angestellten, der gewohnt ist, dass passiert, was er sagt. Und bisher deute trotz seines fortgeschrittenen Alters nichts daraufhin, dass der Gründer die Zukunft des WEF aus der Hand geben wolle, sagen manche Mitarbeiter.
Aus den riesigen Fenstern von Schwabs Büro geht der Blick hinaus auf den Genfer See. Ein paar Kilometer entfernt am gegenüberliegenden Ufer steht das Palais des Nations, wo während der 1930er Jahre der Völkerbund tagte. Schwabs Adressbuch sei auch so eine Art Völkerbund, heißt es - viele derzeitige und frühere Regierungschefinnen, Staatspräsidenten, Diplomaten und Ministerinnen seien mit ihren Mobilnummern darin verzeichnet. Ständig fliegt der Besitzer von einem Land zum nächsten, um mit Spitzenpolitikern und Unternehmensführern zu reden. Am Telefon und im persönlichen Gespräch wechselt er zwischen Deutsch, Schweizerdeutsch, Französisch und Englisch.
Schwab: Unternehmen sollen der Gesellschaft dienen
So will Schwab sich nicht mit einer Rolle als Eventmanager begnügen. Ihm steht der Sinn danach, Einfluss auszuüben. Eine seiner Lieblingsideen: Unternehmen sollten einem größeren Sinn gehorchen, als nur den notwendigen Gewinn mit nützlichen Produkten zu erwirtschaften. Sie haben einen gesellschaftlichen Auftrag, ihre Verpflichtung besteht darin, der Gesellschaft als Ganzem zu dienen. Deshalb sollen sie sich mit allen ihren Stakeholdern – Betroffenen und Anspruchsberechtigten – auseinandersetzen und deren Interessen in ihrer Geschäftspolitik berücksichtigen. Die dafür nötigen Gespräche zwischen Firmen einerseits, Politik, Bürgern, Umwelt- und Verbraucherschützern andererseits sollen dann im Rahmen des WEF stattfinden – so bringt Schwab seine politische Agenda und das geschäftliche Interesse am Gedeihen seiner eigenen Firma zusammen.
Das tut er so erfolgreich, dass der Schweizer Staat dem WEF inzwischen per Vertrag den herausgehobenen Status eines „internationalen Organs" zuerkannt hat. In Schwabs Umfeld vergleicht man diese Position schon mal mit der des Internationalen Roten Kreuzes, das ebenfalls in Genf sitzt. Das Schweizer Außenministerium betont hingegen, dass der Status des WEF dem des Roten Kreuzes keineswegs ähnlich sei.
Bedeutung ist relativ - Hauptsache die hochrangigen Gäste reisen jedes Jahr nach Davos. Die Manager und Politiker kommen wegen Schwab – manche aber auch trotz Schwab. Nicht alle können etwas mit seinen menschenfreundlichen Ideen anfangen. Jedenfalls nicht so viel, dass sie sie in die Praxis umsetzten.