
Bielefeld. Der Generationenwechsel ist von jeher Ulrich Hüttemanns Spezialgebiet. Wie regelt man die Nachfolge? Wie sichert man den Bestand des Unternehmens? Wie bleiben die Arbeitsplätze erhalten? „Es geht jedes Mal um eine Menge", sagt Hüttemann. Und nicht zuletzt geht es darum, dass die Firmenlenker rechtzeitig den Jüngeren das Steuer überlassen.
„Das hab ich selbst nicht ganz geschafft", sagt Hüttemann und lacht. Mit 78 Jahren hat er sich zum Jahreswechsel als Seniorpartner der Bielefelder Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft HLB Stückmann zurückgezogen.
Kein schlechtes Gewissen mehr
Wobei er den Rückzug in Wahrheit schon viel früher eingeleitet hat. Seit dem 65. Geburtstag hat er sich aus der Unternehmensführung zurückgezogen und das Pensum Zug um Zug zurückgefahren. Mehrere große Familienunternehmen hat er allerdings weiterhin beraten, was die großen Linien angeht. „Die kleinteiligen Fragen im Steuerrecht habe ich meinen Kollegen überlassen. Seitdem habe ich kein schlechtes Gewissen mehr."
„Wir bedanken uns für mehr als 50 Jahre Engagement für unsere Mandanten, unsere Gesellschaft und den Berufsstand", sagt Dietmar Engel, geschäftsführender Partner von HLB Stückmann. „Seine Geradlinigkeit, Sorgalt und Leidenschaft waren ein wesentlicher Antrieb für unser Unternehmen", lobt Engel.
Unternehmen kräftig nach vorn gebracht
Und dieser Antrieb hat das Unternehmen kräftig nach vorn gebracht. Knapp 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählte die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungspraxis, als Hüttemann 1968 einstig, damals als Assistent. Heute sind es 170 Personen, davon 19 Partner. Die Zielgruppe ist immer noch dieselbe: die größeren mittelständischen Familienunternehmen, von denen es in Ostwestfalen-Lippe besonders viele gibt.
Diese Zielgruppe war es auch, die Hüttemann zur Kanzlei Stückmann gelockt hat. Schnell stieg er zum Partner auf. Hüttemann gelang es, den Seniorchef dazu zu bewegen, das Unternehmen für weitere Partner zu öffnen. Das war das Fundament für das Wachstum. „Wenn Sie so wollen, ist das mein größter Verdienst", sagt Hüttemann. Der Weg in die Steuerberatungs-Branche war für Hüttemann seit Schulzeiten vorgezeichnet. Als 17-Jähriger hielt er seinen Alterskollegen am Gymnasium im sauerländischen Schmallenberg Vorträge über die sogenannten Volksaktien wie VW und VEBA, das Betriebswirtschaftsstudium in Münster mit Promotion schloss sich an.
Die Liebe zu den Aktien ist geblieben
Die Liebe zu den Aktien ist ihm geblieben. Wobei Hüttemanns Faible den historischen Wertpapieren gilt. Die Papiere von Kuxmann, Benteler, der Ravensberger Spinnerei und anderen ostwestfälischen Unternehmen lauten teils noch auf Taler, berichtet Hüttemann stolz. Besonders schöne Exemplare seiner Sammlung waren einige Jahre lang in den Geschäftsräumen von HLB Stückmann ausgestellt. „Mal sehen, vielleicht mache ich ja noch mal eine weitere Ausstellung in den eigenen vier Wänden", überlegt der Neu-Ruheständler. Langweilig werde es ihm aber auch so nicht werden, versichert er. Diese Langeweile vertreiben im Zweifel die Enkelkinder, die gleich nebenan wohnen. Und dann ist da ja auch noch die Liebe zu den Bergen Südtirols – im Sommer und im Winter.