Garantiezins sinkt: Was Lebensversicherte jetzt wissen müssen

Berlin. Künftige Kunden von Lebensversicherungen müssen sich auf einen geringeren Garantiezins einstellen. Der Höchstrechnungszins soll nach den Vorstellungen der Branche 2021 von 0,9 auf 0,5 Prozent sinken. Folgt das Bundesfinanzministerium dieser Empfehlung, lohnen sich Lebensversicherungen für Verbraucher noch weniger als sowieso schon. Doch was bedeutet das für Verbraucher? Experten der Verbraucherzentrale geben Antworten auf die wichtigsten Fragen. Lohnen sich Lebensversicherungen noch?Lebensversicherungen zählen für viele zu den wichtigsten Bausteinen in der Altersvorsorge. 65 Millionen solcher Policen hatten die Deutschen 2018 im Bestand, wie aus Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft hervorgeht. Zudem wurden im vergangenen Jahr 2,6 Millionen kapitalbildende Policen neu abgeschlossen. Die Verbraucherzentralen raten jedoch von Neuabschlüssen von Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen ab. Vor allem, weil Neuverträge oft eine ungünstige Kombination aus geringer Verzinsung und hohen Kosten aufweisen. Der Garantiezins beträgt aktuell 0,9 Prozent. In den 1990er-Jahren konnten Lebensversicherer noch einen garantierten Rechnungszins von bis zu vier Prozent anbieten. Auch die Überschussbeteiligung, mit der die Versicherer die Kunden an ihren Gewinnen beteiligen, fällt mittlerweile oft mager aus. Deshalb der Rat der Verbraucherzentrale: &bdquo;Keine Kapitallebensversicherungen für die Altersvorsorge abschließen. Sie zählen zu den schlechtesten Produkten, um für das Alter vorzusorgen", erklärt Rechtsanwältin Rita Reichard von der Verbraucherzentrale NRW. Welche Alternativen gibt es?Kapitallebensversicherungen kombinieren den Versicherungsschutz für die Hinterbliebenen mit Einzahlungen für die Altersvorsorge. Sie sind eine Kombination aus Risikolebensversicherung und Sparvertrag. Am Ende der Vertragslaufzeit bekommen Versicherte einen einmaligen Geldbetrag ausgezahlt. &bdquo;Besser ist es, wenn Verbraucher das Sparen und die Versicherung trennen. Wer Hinterbliebene zu versorgen hat, schließt am besten eine Risikolebensversicherung ab. Wer dann noch Geld zum Sparen übrig hat, kann dies alternativ investieren", erklärt Reichard. Verbraucherschützer empfehlen als Alternative zu Lebensversicherungen Investitionen in Immobilien oder Genossenschaften sowie kostengünstige, an der Börse gehandelte Aktienfonds, die einen Index abbilden, auch als ETFs bekannt. &bdquo;Das passt aber nicht zu jedem Verbraucher, weshalb vor jeder Investition eine unabhängige Beratung nötig ist." Haben Kunden mit Altverträgen Grund zur Sorge?&bdquo;Nein, von einer erneuten Absenkung des Garantiezinses sind nur Neuverträge betroffen", erklärt Reichard. &bdquo;Für Besitzer mit Altverträgen ändert sich deshalb nichts." Allerdings fällt es den Lebensversicherern wegen der Zinsflaute zunehmend schwer, die Zusagen der Vergangenheit zu erwirtschaften. &bdquo;Bislang sind deutsche Lebensversicherungen in Bezug auf deren Garantieleistungen nicht gekürzt worden. Aber die Überschussbeteiligungen werden massiv abgesenkt", ergänzt Versicherungsexpertin Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Garantiezins ist die maximale Verzinsung, die ein Lebensversicherer Kunden über die gesamte Laufzeit neuer Verträge versprechen darf. Die darüber hinausgehende Überschussbeteiligung wird jedes Jahr von jedem Unternehmen neu festgelegt. Bislang haben deutsche Lebensversicherer Garantieleistungen nicht gekürzt. Droht dieses Szenario?&bdquo;Aktuell nicht. Derzeit geht die Entwicklung eher in die Richtung, dass immer mehr Lebensversicherer ihre Verträge verkaufen", erklärt Reichard. Anfang 2019 hat Generali als erstes großes Unternehmen rund vier Millionen Verträge verkauft. Weitere Lebensversicherer sind dem Beispiel gefolgt. &bdquo;Grundsätzlich darf der Versicherer Versicherungsbestände verkaufen. Das Gesetz erlaubt das. Der Aufkäufer führt die Verträge fort. Die bestehenden Verträge sind also einzuhalten, dafür hat auch die Finanzaufsicht BaFin, die einem Verkauf zustimmen muss, zu sorgen." Kunden werden von Lebensversicherern zunehmend unter Druck gesetzt. Was sollen Verbraucher tun?&bdquo;Verbraucher sollten trotz dubioser Post vom Lebensversicherer Ruhe bewahren und nie vorzeitig einen Vertrag kündigen oder zu einem anderen Produkt wechseln", rät Reichard. Versicherte haben zum Start ihrer Lebensversicherung die meisten Kosten bezahlt und profitieren von einer langen Verzinsung, weshalb sie unter Umständen zum Schluss noch einen Überschuss bekommen. &bdquo;Bei Unsicherheiten empfehlen wir Verbrauchern grundsätzlich eine unabhängige Beratung." Verbraucherzentralen berichten immer häufiger von verunsicherten Kunden, die sich von Lebensversicherern massiv unter Druck gesetzt fühlen. &bdquo;Die Unternehmen wollen Altverträge loswerden und nutzen dafür mitunter unlautere Schreiben, die Verbraucher in die Irre führen." Die Unruhe bei Lebensversicherungen machen sich aktuell auch Vertreter zunutze, die verunsicherten Kunden einen teuren Wechsel in neue Produkte nahelegen. Bei den Verbraucherzentralen haben sich Betroffene gemeldet, denen riskantere Fondspolicen als Ersatz für ihre gut verzinste Lebensversicherung mit Garantieleistungen angeboten worden sind. Die Verbraucher sollten sich unter Zeitdruck entscheiden, weil ihr Versicherungsunternehmen die Verträge ja bald verkaufen würde.

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