Konjunktur

NRW-Wirtschaft trotzt der Krise

Die Konjunktur im Land schwächelt zwar, aber sie bricht nicht ein. Das Wachstum zwischen Weser und Rhein liegt immer noch leicht unter dem Bundesschnitt.

Die Industrie an Rhein und Ruhr verzeichnet Umsatzrückgänge, allerdings weniger als im Bundesschnitt. | © picture alliance/Marcel Kusch/dpa

Lothar Schmalen
26.11.2019 | 26.11.2019, 08:04

Düsseldorf. Konjunktureinbruch und Rezession scheinen in Nordrhein-Westfalen abgewendet. Das zumindest geht aus dem Konjunkturbericht vor, den NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) vorgelegt hat. Danach erreicht NRW in diesem Jahr immer noch ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent. Bundesweit schätzt der Bericht das Wachstum auf 0,4 Prozent.

Damit liegt NRW zwar immer noch unter dem Bundesdurchschnitt. „Wir haben den Rückstand jetzt fast aufgeholt", sagt Pinkwart. Die Prognose für das kommende Jahr ist ähnlich: deutschlandweit erwarten die Experten ein Plus von 0,9 Prozent, in NRW von Plus von 0,8 Prozent. Der Anstieg im kommenden Jahr sei allerdings im Wesentlichen in der Anzahl der Arbeitstage begründet. Unter Herausrechnung dieses Kalendereffektes betrage das prognostizierte Wachstum 2020 bundesweit 0,6 Prozent nach 0,5 Prozent in diesem Jahr.

„NRW als größtes Bundesland kann zufrieden sein, wenn es ungefähr auf dem bundesweiten Niveau liegt, mal ein bisschen drunten, mal ein bisschen höher", ordnet Roland Döhrn, Konjunktur-Experte des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung den Trend ein. Das Leibniz-Institut hat den Konjunkturbericht für die Landesregierung erstellt.

Mehr als 120.000 neue Stellen

Pinkwart und Roland Döhrn verweisen darauf, dass die bundesweit schwache Industriekonjunktur NRW weniger stark treffe als Gesamtdeutschland. In NRW ging sie im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent zurück, bundesweit waren es minus 4,1 Prozent. Für positive Akzente sorgten dagegen Konsum und Bauwirtschaft.

Positiv ist dagegen die Beschäftigungsentwicklung. Die Wissenschaftler erwarten einen Zuwachs um 1,9 Prozent in NRW (Bund: +1,5 Prozent) – das entspreche mehr als 120.000 neuen Stellen. Allerdings habe sich der Beschäftigungsanstieg im Laufe des Jahres verlangsamt, heißt es in dem Konjunkturbericht. Die Arbeitslosenquote dürfte mit 6,6 Prozent etwas höher liegen als im vergangenen Jahr. Der Beschäftigungsaufbau werde sich auch im kommenden Jahr weiter verlangsamen.

365.000 fehlende Fachkräfte in NRW

Döhrn äußerte die Sorge, dass spätestens ab 2024 das Potenzial der Erwerbstätigen knapp werden könne. Das habe mit der Bevölkerungsentwicklung zu tun, die mit einer relativ niedrigen Erwerbsquote in NRW einhergehe. Und die betreffe nicht nur Frauen, sondern auch Männer.

Thomas Meyer, Präsident der Industrie- und Handelskammern in NRW, griff dieses Thema auf. Er forderte Ganztagsbetreuung auch an Grundschulen, weil dies mehr Frauen ermögliche, berufstätig zu sein. Meyer bezeichnete den Fachkräftemangel als das größte Risiko für die Wirtschaftsentwicklung der kommenden Jahre. Den Mangel an Fachkräften bezifferte er auf zurzeit 365.000 allein in NRW. Die Zahl werde bis 2030 auf geschätzte 740.000 steigen.

Neben der demografischen Entwicklung sei der hohe Anteil an Studienabsolventen unter den Schulabgängern eine der Hauptursachen dafür. In Zeiten nachlassender Konjunktur bräuchten Unternehmen neue Spielräume, sagte Meyer, der ein Unternehmen in Remscheid führt, das Maschinenelemente und Industriemesser herstellt. Er forderte eine Senkung der Körperschaftsteuer um fünf Prozent.