OWL-Unternehmen sind für den Klimaschutz - aber gegen Streiks

Bielefeld. In mehr als 2.000 Städten weltweit will die Fridays-for-Future-Bewegung am Freitag für mehr Klimaschutz demonstrieren. Manche Unternehmen rufen sogar ihre Mitarbeiter auf, statt zur Arbeit auf die Straße zu gehen. Auch die Evangelische Kirche, die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Kulturrat ermutigen alle Bürger, an den mehr als 400 Demos in Deutschland teilzunehmen. Und die Unternehmen in OWL? Wir haben uns umgehört. "Wenn es den Ablauf nicht stört" "Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Mitarbeiter daran teilnehmen möchten", sagt Reinhard Tweer, Geschäftsführer beim gleichnamigen Bielefelder Stahlguss-Unternehmen. "Wenn es den betrieblichen Ablauf nicht stört", sei es den Mitarbeitern erlaubt, sich für die Zeit der Demonstration auszustempeln - Streiks dagegen werden nicht akzeptiert. Das Unternehmen selbst setze sich für ein "neues, besseres Bewusstsein" ein, so Tweer. "Wir versuchen, jedes Jahr energieeffizienter zu werden" - soweit es eben gehe, sagt er. Mit seiner Haltung liegt Tweer genau auf der Linie der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld: "Natürlich ist Klimaschutz ein wichtiges Thema", sagt Harald Grefe, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und verweist auf die Präsenzpflicht der Arbeitnehmer. "Wir haben die Arbeitszeiterfassung." Ausbau von erneuerbaren Energien Auch die Mitarbeiter der Stadtwerke Bielefeld können "gern früher Feierabend machen oder zwischenzeitlich ausstempeln, um zur Demonstration zu gehen", sagt Sprecherin Birgit Jahnke. "Da ein großer Teil der Beschäftigten in der Gleitzeit ist, dürfte dies an vielen Arbeitsplätzen möglich sein." Das Unternehmen habe bereits dreistellige Millionenbeträge in den Ausbau erneuerbarer Energien und die Förderung der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung, die gleichzeitig Strom und Fernwärme erzeugt, investiert. Die Städte Düsseldorf, Bonn und Köln rufen ihre Mitarbeiter sogar aktiv auf, am Streik teilzunehmen - anders die Stadt Bielefeld. Wer demonstrieren möchte, könne Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen, so Sprecher Uwe Borgstädt. Die Organisatoren der Demonstration in Bielefeld rechnen mit 4.000 bis 6.000 Teilnehmern, darunter auch ganze Schulklassen. Fehlzeiten ausgleichen Im Kreis Gütersloh könnte es den bisher größten Streik geben, vier Demos sind laut Polizei angemeldet. Das Medienunternehmen Bertelsmann ermöglicht seinen Mitarbeitern am Standort Gütersloh, sich am Fridays-for-Future-Klimastreik zu beteiligen. Aber auch hier gilt: "In Absprache mit ihren direkten Vorgesetzten und je nach betrieblichen Abläufen", so Sprecher Jan Hölkemann. Die Fehlzeiten können die Angestellten durch Überstunden oder Urlaubstage ausgleichen. Seit 2008 ermittelt Bertelsmann regelmäßig seine Klimabilanz und weitere Daten zu Energie, Papier, Wasser, Abwasser und Abfall. So sollen Transparenz geschaffen und Verbesserungen entwickelt werden. Das, sowie zusätzliche Aktionen zum Thema, kommt gut an: Laut einer aktuellen Mitarbeiterumfrage hat sich die Wahrnehmung des Engagements von Bertelsmann für den Schutz von Klima und Umwelt verbessert. "Wir verstehen die Klimaaktivisten" "Wir Brotbäckerinnen und -bäcker leiden besonders unter den witterungsbedingten Extremen", sagt Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung der Mestemacher-Gruppe aus Gütersloh. "Zudem sind wir Eltern und Großeltern und wünschen uns für die Zukunft von Kindern und Enkelkindern eine Mutter Erde, die das Leben auf ewig liebenswert macht. Wir verstehen die Klimaaktivistinnen und -aktivisten." Auch ihre Mitarbeiter können "am genehmigten Urlaubstag" an den Demos teilnehmen. Beim Mindener Kaffeehersteller Melitta entscheiden die Mitarbeiter ebenfalls selbst, ob sie am Klimastreik teilnehmen wollen. "Wenn das jemand in seiner Freizeit als Privatperson machen möchte, gelten die normalen Regelungen", sagt Sprecherin Tanja Wucherpfennig. Im Klartext: Auch sie müssen Urlaub einreichen oder Überstunden abbauen.

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