Wirtschaft

Industrie in Ostwestfalen gerät unter Druck

Die Herbstkonjunktur-Umfrage zeigt: Die Unternehmen stellen sich auf härtere Zeiten ein. Die Investitionen gehen zurück, die Auslastung sinkt, Personalabbau ist geplant

Gigantische Maschinen: Die Industrie-Unternehmen sind nicht mehr so gut ausgelastet wie noch vor einigen Monaten. | © picture alliance/dpa

Stefan Schelp
05.09.2019 | 06.09.2019, 06:13

Bielefeld. So schlimm wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise vor rund zehn Jahren wird es nicht kommen, sagt Thomas Niehoff, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen. Und doch, mindestens eine konjunkturelle "Delle", vielleicht gar eine Phase der Rezession ist auch für die Industrie in Ostwestfalen absehbar. Das zeigt die Herbstumfrage der IHK bei den ostwestfälischen Unternehmen, an der sich gut 1.800 Firmen beteiligt haben. "Die derzeitige Geschäftssituation in der ostwestfälischen Industrie hat nicht nur an Dynamik verloren, sondern mittlerweile den Sinkflug eingeleitet", sagt Wolf D. Meier-Scheuven, Präsident der IHK. "Das jahrelange Wachstum kommt offensichtlich nach und nach zum Stillstand."

Dafür verantwortlich sind aus Sicht der Unternehmen vor allem Faktoren, die sie selbst nicht beeinflussen können. Als Konjunkturrisiken am häufigsten genannt werden der Brexit, der drohende Handelskrieg, China und die Bürokratie.

Zahl der Pessimisten wächst

Dabei sieht es aktuell für die Unternehmen noch relativ gut aus. 28 Prozent der Betriebe bezeichnen die aktuelle Geschäftslage als "gut", 62 Prozent immerhin noch als "befriedigend". Und rund 9,5 Prozent schätzen ihre gegenwärtige Lage als "schlecht" ein. Im Frühjahr hatten immerhin noch knapp 37 Prozent die Situation als gut bezeichnet, die Prozentzahl derjenigen, die schlecht dastanden, lag vor einem halben Jahr nur bei 3,2 Prozent.

Ein noch eindeutigeres Bild ergeben allerdings die Erwartungen der Unternehmen. 30,5 Prozent der Befragten schätzen die Aussichten pessimistisch ein, vor einem halben Jahr waren es gerade mal 18 Prozent. Kräftig geschrumpft ist die Zahl der Optimisten. Nicht einmal mehr 12 Prozent gehen von einer Verbesserung der Situation aus, fast zwei Prozent weniger als in der Frühjahrsumfrage.

Zurückhaltung bei Investitionen

Und es gibt weitere Warnsignale: Der Anteil der Unternehmen, die zu mehr als 95 Prozent ausgelastet sind, ist auf 23 Prozent gesunken. In der Spitze zeigten sich die "deutlichsten Bremsspuren", stellt Meier-Scheuven fest. Die meisten ostwestfälischen Unternehmen halten sich zudem bei Investitionen zurück. Der Prozentsatz jener Unternehmen, die mehr investieren wollen als im Vorjahr, hat sich gegenüber der Frühjahrsumfrage halbiert.

Nur noch jedes fünfte Unternehmen plant, in den kommenden zwölf Monaten neues Personal einzustellen, von einem Personalabbau geht fast ein Drittel der Unternehmen aus. Es gebe Signale, "dass sich die positive Beschäftigungsentwicklung in Ostwestfalens Industrie im weiteren Jahresverlauf wohl nicht fortsetzen wird", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff. Auch steige die Zahl der Betriebe und der von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter leicht an. Insgesamt, sagt Meier-Scheuven,verzeichnet die Geschäftslage "den schwächsten Saldo seit der Finanz- und Wirtschaftskrise".

Fachkräftemangel schwächt sich ab

Zumindest einen, allerdings nur auf den ersten Blick positiven Aspekt bringt die Situation mit sich. "Der Fachkräftemangel hat offenbar aus der Sicht der unternehmen kurzfristig etwas an Bedeutung verloren", sagt Meier-Scheuven. "Aber ein Drittel der unternehmen sieht hier nah wie vor ein Risiko", mahnt er, "gelöst ist das Thema natürlich nicht."

Was die Umsatzzahlen angeht, so ist die in den Vorjahren wachstumsstarke Elektro-Industrie besonders gebeutelt. Auch die Automobil- und Autozulieferer-Industrie blickt härteren Zeiten entgegen.

Information
Das fordert der IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven:

  • Senkung der Unternehmenssteuern
  • Abschaffung des Solidaritätszuschlages auch für mittelgroße Personenunternehmen und sämtliche Kapitalgesellschaften
  • Investitionen in Bildung und digitale Infrastruktur
  • Senkung der bürokratischen Hürden