Dürreschäden

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Klimawandel trifft die Landwirtschaft

Die Landwirte erwarten in diesem Jahr zwar eine durchschnittliche Ernte, doch die Folgen der Trockenheit im vergangenen Jahr sind noch nicht überwunden. In Zukunft werden häufiger Dürrejahre erwartet

Reaktion auf Trockenheit: In Brandenburg werden die Pflanzen auf einem Feld beregnet. | © picture alliance/dpa

Finn Mayer-Kuckuk
03.07.2019 | 03.07.2019, 19:50

Berlin. Riesige Waldbrände, viel zu trockene Böden – und nun auch eine offizielle Warnung von Bauern und Versicherern vor „schwierigen Vegetationsbedingungen": Der Agrarbranche wird klar, dass sie um eine Diskussion über eine Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel nicht herumkommt. Die diesjährigen Ernteprognose der 18 Landesbauernverbände stand jedenfalls ganz im Zeichen des ungewöhnlichen Wettergeschehens mit Wechseln zwischen Hitzerekord und Bodenfrost oder Trockenheit und Hagel.

Die Landwirte erwarten auf ganz Deutschland gesehen zwar eine durchschnittliche Ernte, doch die Folgen der Trockenheit des vergangenen Jahres sind längst nicht überwunden. „Die Nachwirkungen sind noch immer deutlich spürbar", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied. „Für die angespannte wirtschaftliche Lage in vielen Betrieben wird auch dieses Jahr keine Verbesserung bringen."

"Deutschland nicht auf Dürrekrise vorbereitet"

Konkret rechnet der Verband aufgrund des bisherigen Wachstums der Feldfrüchte mit einem Getreideertrag von 47 Millionen Tonnen, eine Million Tonnen unter dem Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2017.

Experten fordern angesichts der vielen Belege für Änderungen in den Wettertrends, die Produktionsweise in Deutschland zu überdenken und auf eine heißere Zukunft vorzubereiten. „Deutschland ist bisher nicht auf die Bewältigung so einer lang anhaltenden Dürrekrise vorbereitet", sagt Reimund Schwarze, Klimaökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Schwarze: „Was wir jetzt sehen, ist ein Vorgeschmack auf die Dinge, die uns in den kommenden zwanzig Jahren erwarten."

Mehr Bewässerung könnte notwendig werden

Was heute als Extremfall gelte, werde dann die Regel sein. Ein möglicher Umgang mit der Situation könne mehr Bewässerung sein. Es habe sich gezeigt, dass Betriebe im Osten Deutschlands, die aus DDR-Zeiten noch über entsprechende Anlagen verfügten, besser durch die Dürre gekommen sind. Die Bauern im Rest der Republik scheuten zwar die hohen Investitionen – doch sie könnten nötig werden. Andererseits stelle sich bei höherem Bedarf auch die Frage nach der Herkunft des nötigen Frischwassers.

Schwarze plädiert auch für die Einrichtung einer nationalen Versicherung für Klimaschäden, damit nicht jedes Mal der Staat in Sonderaktionen eingreifen müsse, wenn die Landwirte leiden.

Schäden in Milliardenhöhe durch Dürre im Jahr 2018

Auch die Versicherer machen sich über dieses Thema zunehmend Gedanken. Von „erheblichem Trockenheitsstress", spricht der Leiter der Klimaforschungsabteilung des Rückversicherers Munich Re, Ernst Rauch. Die Dürre des vergangenen Jahres hat nach seinen Berechnungen Schäden in Höhe von über drei Milliarden Euro verursacht. Davon war der Löwenanteil eben nicht versichert.

Rauch zufolge bewahrheiten sich hier auf geradezu unheimliche Weise die Vorhersagen der Klimaforscher aus den Neunzigerjahren. „Die Indizienlage ist mittlerweile so stark, dass wir davon ausgehen müssen, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird", so Rauch.
Die Bauern wiederum wollen sich künftig besser auf den Klimawandel vorbereiten – und auf die Veränderung in den Niederschlägen mit dem Anbau von robusteren Pflanzen reagieren. Diese müssten sowohl mit Trockenheit als auch mit Nässe umgehen können, sagte Rukwied. Er fordert eine Lockerung der europäischen Bestimmungen zur Gentechnik, um diese Sorten künstlich erschaffen zu können.

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Ernteaussichten für OWL


Trocken ist es auch in OWL – vor allem im nördlichen Kreis Minden-Lübbecke. Bisher aber sind die Landwirte gelassen „Eine Hitzewelle im Sommer ist nicht ungewöhnlich und die Periode ist bislang auch keine Katastrophe", sagt Hubertus Beringmeier, Vorsitzender des Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes. Dass die Gerste derzeit trocken werde, sei angesichts der Fruchtreife normal. Sie wird dieser Tage gedroschen. Ihr schade die Hitze also nicht. „Dann schon eher den späteren Sorten wie Weizen, Rüben, Mais oder Kartoffeln", so Beringmeier. Vereinzelt gebe es bereits Schäden im Weizen, „aber das hält sich im Rahmen", sagt Beringmeier, der angesichts des Wetterberichts optimistisch ist. Immerhin soll es sich ab der kommenden Woche abkühlen und regnen.