Am Wohnungsmarkt deutet sich eine Trendwende an

Bielefeld. Das Berliner Empirica-Institut sieht Anzeichen für "eine baldige Mäßigung der Mietsteigerungen". Der Wohnungsmarktexperte Reiner Braun kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass die Bedarfslücke in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden sei: Rund 300.000 Neubauwohnungen sind 2018 bundesweit entstanden, in den Jahren 2009 und 2010 waren es jeweils nur rund 160.000. Weil die Wohnungsnachfrage also zunehmend besser befriedigt werden könne, steigen die Mieten mancherorts kaum noch: "Der Mietenwahnsinn geht absehbar zu Ende", heißt es bei Empirica. Zahlen des Maklerverbandes IVD bestätigen dies tendenziell: Nach den hohen Steigerungsraten in den Vorjahren sind die Mieten in NRW 2018 nur noch um vier Prozent gestiegen. In Köln, der größten Stadt des Landes, haben die Mieten demnach nur noch um ein Prozent zugelegt. Ein Hauch von Entspannung? "Ja, wir sehen ein moderateres Anwachsen der Mieten", bestätigt Alexander Geischer, Geschäftsführer von IVD-West in Köln. Ein Grund dafür sei in vielen Städten das Greifen der Mietpreisbremse. "Aber ein Rückgang der Kaufpreise ist nicht absehbar", warnt er vor voreiligen Schlüssen. Und auch bei Empirica heißt es, die Kaufpreise hätten sich von den Mieten zum Teil entkoppelt. "So lange die Zinsen niedrig sind, bleibt Immobiliennachfrage hoch" Der Bielefelder Makler Bernd Witte sagt, dass rund um die OWL-Metropole kaum Wohnungen zum Kauf angeboten würden, in Städten wie Bielefeld und Gütersloher seien Käufer innerhalb weniger Tage zu finden. "So lange die Zinsen niedrig bleiben, wird auch die Immobilien-Nachfrage hoch bleiben", prognostiziert er. Er verweist auch darauf, dass viele Menschen zum Beispiel Geld erben und dann einen gewissen Anlagedruck verspüren. Ein weiterer Aspekt sei der Wunsch nach steigender Wohnfläche pro Person: Ein Ende der Hochpreisphase sei daher nicht absehbar. Witte macht zwei Einschränkungen: So sei die Lage in einigen ländlichen Regionen auch in OWL zum Teil deutlich anders, dort gebe es zum teil stagnierende Kaufpreise. Eine erhöhte Neubautätigkeit gebe es zudem im Einfamilienhausbereich. "An den normalen und sozialen Wohnungsbau geht aber kaum einer dran", stellt er fest: "Denn die Erträge sind hier nicht reizvoll genug". "Bautätigkeit ist nicht so rege, wie sie eigentlich sein müsste" IVD-Geschäftsführer Geischer glaubt, dass für die "Zurückhaltung im Wohnungsbau" nicht zuletzt gesetzliche Eingriffe wie die Mietpreisbremsen und erhöhte Auflagen etwa zur Energieeinsparung verantwortlich seien: "Diese Hemmnisse verhindern, dass die Bautätigkeit so rege ist, wie sie eigentlich sein müsste." Von einer Sättigung der Wohnungsmärkte könne noch keinesfalls die Rede sein. Christian Schröder, Sprecher der LBS West in Münster, sieht es genauso: "Ich sehe nicht, wo sich die Badarfslücke geschlossen hätte", sagt er und findet die Empirica-Studie "nicht nachvollziehbar". Der Autor hebe allerdings besonders auf die sieben größten deutschen Städte ab - und dort gebe es vor allem im teuren Spitzensegment tatsächlich kräftig erweiterte Angebote mit nur noch geringem Steigerungspotenzial für Preise und Mieten. "Aber bezahlbarer Wohnraum fehlt weiterhin". Ein zusätzlicher Aspekt sei, dass wegen des demographischen Wandels künftig wohl noch mehr kleinere Wohnung gebraucht würden, als der Markt anbiete. Insgesamt gebe es selbst in ländlichen Regionen wie dem Münsterland weiterhin Nachholbedarf, "wenn auch perspektivisch nachlassend". Mieterbund glaubt nicht an Schließung der Bedarfslücke Dass die Bautätigkeit wohl an den Bedürfnissen vieler Menschen vorbeigeht, bestätigt Ralf Brodda, der Geschäftsführer des Mieterbrundes OWL: "Gebaut wird im hochpreisigen Bereich, aber die Unterversorgung im preisgünstigen Bereich bleibt bestehen", stellt er fest. Und auch die regionale Verteilung sei nicht gleichmäßig: "Bundesweit wird tatsächlich relativ viel gebaut - aber in Bielefeld waren die Neubau-Fertigstellungen zuletzt zum Beispiel nicht so toll". Und er bezweifelt, dass die Bedarfslücke in absehbarer Zeit geschlossen wird: "Ich glaub's noch nicht."

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