
Von
Andrea Frühauf
07.09.2018 | 07.09.2018, 06:00
Wirtschaft
„Großbanken haben keine Strategie“
Bielefeld. Der junge Online-Zahlungsabwickler Wirecard in Aschheim hat die traditionsreiche Commerzbank aus der ersten deutschen Börsenliga verdrängt. Erstmals rückte damit eine aufstrebende Finanztechnologie-Firma in den Dax. Der Aktionärsschützer Andreas Breijs (DSW), der regelmäßig die Hauptversammlungen von Wirecard besucht, ist selbst über den rasanten Aufstieg des erst 19-jährigen Unternehmens verwundert. Wirecard wachse jedes Jahr um 35 bis 40 Prozent und mache dabei massenhaft Gewinn, wie er dieser Zeitung sagte. Ein Großteil des Gewinns fließe in Investitionen.
In diesem Jahr soll der Betriebsgewinn von zuletzt 413 Millionen auf 530 bis 560 Millionen Euro steigen, wie Wirrecard-Vorstandschef Markus Braun ankündigte. Allein sein Aktienpaket (rund 7 Prozent der Anteile) soll jetzt rund eine Milliarde Euro wert sein. Der den Aktionären zustehende Jahresüberschuss hat sich binnen fünf Jahren verdreifacht, legte von 82 Millionen (2013) auf 259 Millionen Euro (2017) zu. „Aber die Dividende ist relativ gering. In diesem Jahr sollen 20 Millionen Euro ausgeschüttet werden", so Breijs.
Traditionelle Großbanken wie die Commerzbank haben nach Ansicht des Aktionärsvertreters „einfach keine Strategie". Das Geschäftsmodell, womit sie früher Geld verdienten, „funktioniert nicht mehr wirklich". Dabei verwies er nicht nur auf das Niedrigzinsen („Es fallen teils sogar Negativzinsen an"), sondern auch auf die „extrem starke Regulierung" der Banken nach der Finanzkrise. „Damit können sie ihre Geschäfte nicht mehr so freizügig gestalten wie früher." Bei der Commerzbank sieht er ein weiteres Manko: „Für die Übernahme der Dresdner Bank musste sie viel Geld bezahlen."
Das Fintech-Unternehmen Wirecard, das Systeme für das Bezahlen im Internet und per Smartphone anbietet, ist an der Börse inzwischen mehr als doppelt so viel wert wie die 1870 gegründete Commerzbank. Wirecard habe nicht nur eine eigene Banklizenz, sondern auch ein valides, zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Das Unternehmen greife im Internet auf ganz vielen Ebenen in den Zahlungsverkehr ein und verdiene jedes Mal Minimalbeträge. „Die Menge machts", betont Breijs. Wirecard bediene fast alle Unternehmen im Online-Handel – darunter Großkonzerne wie Lufthansa. „Es blieb lange unbekannt, weil es nicht mit eigener Marke auftrat." Erst auf der eigenen Prepaid-Karte für das Bezahlen per Smartphone stehe nun Wirecard. Ein junges Geschäftsfeld.
Ein Webabo bietet Zugriff auf alle Artikel.
Mit NW+-Updates per Mail - jederzeit kündbar.