Wirtschaft

„Claas schenkt mir Internationalität“

Erfolgreich: Hermann Lohbeck führt den Konzern seit einem knappen halben Jahr. Den Umsatz will er auf vier Milliarden Euro hochschrauben. Wachsen soll das Unternehmen vor allem in Russland und den USA

Stefan Schelp
09.05.2018 | 09.05.2018, 11:37

Harsewinkel. Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer war Hermann Lohbeck auf Deutschland fixiert. Dann kam der Wechsel nach Harsewinkel. Und damit der Blick fürs große Ganze. „Claas hat mir die Internationalität geschenkt", sagt der Sprecher der Konzernleitung des Landmaschinen-Konzerns. Seit 19 Jahren ist der gebürtige Mühlheimer Claasianer, seit Herbst vergangenen Jahres steht der 55-Jährige als Vorstandssprecher an der Konzernspitze.

Lohbeck, aufgewachsen in Bottrop, ist überzeugter Europäer. „Ich verstehe die Abschottungstendenzen nicht", sagt er. „Ich kann nicht nachvollziehen, warum wieder Grenzen aufgebaut werden." Und mit Blick auf die USA: „Ein amerikanischer Präsident, der glaubt, die US-Wirtschaft werde durch die Abschottung stärker, liegt einfach falsch."

"Wir legen noch eine Schippe drauf"

Sojaernte: In den USA ist Claas in gelb unterwegs. Foto: JWL - © Jobst Lüdeking
Sojaernte: In den USA ist Claas in gelb unterwegs. Foto: JWL | © Jobst Lüdeking

Das sei schon beim ersten Versuch einer Abschottung unter Präsident Bush in den 80er Jahren fehlgeschlagen, das werde auch dieses Mal nicht funktionieren. Die USA müssten sich dem globalen Wettbewerb stellen. Einfacher gesagt: „Wenn die Amerikaner wollen, dass in Europa ihre Autos gekauft werden, dann müssen sie auch welche bauen, die man in Europa verkaufen kann."

Sich dem Wettbewerb stellen – das will auch Claas, und zwar mit Freuden. „Wir haben es bereits in unserer Firmen-DNA, dass wir ein internationaler Player sein wollen." In Europa, insbesondere in Osteuropa steht Claas längst gut da. Jetzt sind die Flanken an der Reihe: Die USA und Kanada auf der einen Seite, Asien auf der anderen.

Von Strafzöllen noch nicht betroffen

Von den Strafzöllen, die wie ein Damokles-Schwert über der deutschen Exportwirtschaft schweben, ist Claas laut Lohbeck in den Vereinigten Staaten (noch) nicht betroffen. In Omaha betreibt Claas ein Mähdrescherwerk, weitere Werke sind derzeit nicht geplant. Aber der Vertrieb wird kräftig ausgebaut.

Den Riesentraktor Xerion hat der Konzern gerade in die USA gebracht, auch bei den Feldhäckslern und den Erntemaschinen will Claas mehr Gas geben. „Als vergleichsweise kleiner Player haben wir viel Potenzial." Große Hoffnung setzt er auf den vollautomatisierten Mähdrescher mit Cemos-Automatik. „Da stecken zehn Jahre Entwicklung drin. Sowas haben nur wir."

Stärkster Wachstumsmarkt des vergangenen Jahres war für Claas Russland. In Krasnodar führt das Unternehmen inzwischen zwei Fabriken, vor zwei Jahren haben die Harsewinkler dort noch einmal 100 Millionen Euro investiert. Produziert werden Mittelklasse-Mähdrescher der Reihe Tucano. „Das läuft schon ganz gut", sagt Lohbeck. Voll ausgelastet ist das Unternehmen noch nicht. Dort werden auch Komponenten für andere Werke hergestellt – zum Beispiel für die Fertigung am Stammsitz in Harsewinkel.

Vier Milliarden Euro in Reichweite

Dadurch, dass der Claas-Konzern in Krasnodar den Status eines russischen Unternehmens hat, ist der Konzern hier auch nicht von den Sanktionen gegen Russland betroffen. Jetzt zahle sich aus, dass Claas früh auf eigenes Risiko investiert habe. „Dadurch haben wir jetzt einen deutlichen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern."

Und diesen Vorteil will Claas in diesem Jahr nach Kräften ausspielen. In den vergangenen Jahren sei die Umsatzentwicklung zwar „nicht schlecht" gewesen, sagt Lohbeck. Immerhin habe man sich besser entwickelt als die Mitbewerber der Branche. „Aber in diesem Jahr legen wir noch eine Schippe drauf." Rund 3,8 Milliarden Umsatz sind zu schlagen. „Wir haben einen gesunden Optimismus", sagt der Vorstandschef. „Die vier Milliarden Euro kommen in Reichweite."