
Von
Andrea Frühauf
06.01.2017 | 06.01.2017, 06:00
Wirtschaft
Stührenberg übernimmt kommissarisch die Aufgaben im Blomberger Familienunternehmen
Blomberg. Die Mitteilung verschickten diesmal Gesellschafter und Beirat des Blomberger Elektronikherstellers höchstpersönlich: Der Geschäftsführer Martin Heubeck (55), verantwortlich für Controlling und Finanzen, verlässt überraschend Phoenix Contact. Nach mehr als 14 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit hätten beide Seiten entschieden, „aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zur zukünftigen strukturellen Organisation von Phoenix Contact getrennte Wege zu gehen".
Heubeck habe eine interne Revision etabliert und steuerliche – auch internationale – Gestaltungen konzeptioniert. Seine Aufgaben wird kommissarisch Frank Stührenberg (CEO) übernehmen.
Mit Heubeck, der einen langfristigen Vertrag hatte, werde ein Aufhebungsvertrag verhandelt. „Es ist keine fristlose Kündigung", betonte Bernd Wehberg, Wirtschaftsprüfer von Phoenix Contact. Er räumte ein: „Das ist kein normaler Vorgang." Man versuche, „vernünftig auseinanderzugehen". Wenn man sich über die Organisation des Familienunternehmens nicht einig sei, „ist es besser, dass man sich trennt". Entscheidungen über die Organisation träfen die Geschäftsführer gemeinsam.
Mit den Steuernachzahlungen des Weltmarktführers habe Heubecks Abgang nichts zu tun, betonte der Wirtschaftsprüfer. Phoenix Contact (1,96 Milliarden Euro Umsatz) hatte im Herbst 2014 eine Selbstanzeige gestellt und dem Finanzamt 50.000 Euro nachgezahlt, weil Werbegeschenke unversteuert abgegeben wurden. Wehberg: „Daraus haben wir gelernt, alles noch intensiver zu prüfen." Erst im August hatte Phoenix Contact erstmals einen Beirat installiert. Wehberg: „Der Beirat ist auch eine Nachfolgeregelung, weil kein Familienmitglied mehr das Unternehmen führt. Der Beirat kann kontrollieren und Vorgaben machen." Ihm gehört auch der langjährige geschäftsführende Gesellschafter Klaus Eisert an.
Insgesamt elf Gesellschafter halten laut Wehberg die Unternehmensanteile. Neben der Familie Eisert, die die Mehrheit hat, halten Familien aus Lüdenscheid („sie kommen aus zwei Kernfamilien") zehn Prozent der Anteile, nachdem es 1953 zu einem Anteilstausch gekommen war. In Lüdenscheid sitzt der metallverarbeitende Betrieb Phoenix Feinbau.
Zu der Gruppe gehören rund 80 Unternehmen. Fast alle seien operativ tätig. Es gebe nur ein oder zwei Unternehmenshüllen. Wehberg: „Die sind unbedeutend." Die verschachtelte Unternehmenskonstruktion sei historisch gewachsen. Kleine Neugründungen wie E-Mobility (Ladepistolen für E-Autos) böten Chancen in neuen Wachstumsfeldern.
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