Über das Gehalt von Sparkassen-Vorständen ist oft gestritten worden. Sogar im Bundestagswahlkampf. „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin", sagte Peer Steinbrück vor vier Jahren. Unsere Auswertung zeigt: Steinbrück hat noch untertrieben. Tatsächlich zahlen knapp 60 Prozent der ausgewerteten Sparkassen ihren Vorständen mehr als die etwa 282.000 Euro, die Merkel als Kanzlerin inklusive ihrer Bezüge als Abgeordnete erhält.
In einer neuen Datenbank von correctiv.org und FAZ finden sich die Vorstandsgehälter von 287 der damals noch 417 Sparkassen aus dem Jahr 2014. Die Daten haben Journalisten gemeinsam mit Leserinnen und Lesern über Monate aus den Jahresberichten der Sparkassen zusammengetragen.
Spitzenreiter in Deutschland sind die Vorstände der Hamburger Sparkasse, sie erhalten durchschnittlich 853.000 Euro. Dahinter folgt die Kreissparkasse KölnBonn. Die vier Vorstände bekamen im Schnitt 704.280 Euro. „Ich empfinde das als angemessen", sagt Vorstandschef Alexander Wüerst. Die Berliner Sparkasse zahlte ihren fünf Vorständen im Schnitt 651.833 Euro, die Manager in Hannover wurden mit 613.661 Euro entlohnt.
Zum Vergleich: Die Vorstände der Commerzbank verdienten 2014 durchschnittlich 1,3 Millionen Euro, bei der Deutschen Bank rund 5 Millionen Euro. Aber die kommunalen Sparkassen erheben den Anspruch, anders zu sein. Kunden- und gemeinwohlorientiert, gelebte soziale Marktwirtschaft, wie es oft vollmundig heißt.
Auffällig zudem: Chefs kleiner Sparkassen verdienen bisweilen mehr als die Vorstände deutlich größerer Kreditinstitute. Setzt man Bilanzsumme, Kreditvolumen und Eigenkapital in Relation zu den Vorstandsgehältern, fallen Gehaltssprünge auf:
- Die Kreissparkasse Saarpfalz hat rund 450 Mitarbeiter. Die zwei Vorstände verdienten durchschnittlich 305.000 Euro.
- Die Sparkasse Saarbrücken hat mehr als dreimal so viele Mitarbeiter. Die Vorstände erhalten dennoch fast das gleiche Geld. Im Schnitt bekamen sie 300.000 Euro.
- Die Sparkasse Leverkusen hat rund 600 Mitarbeiter, die drei Vorstände erhielten im Schnitt fast 430.000 Euro.
- Die Sparkasse Neuss hat rund doppelt so viele Mitarbeiter. Dennoch verdienten die vier Vorstände je rund 50.000 Euro weniger.
„Von außen sieht das nach Selbstbedienung aus", sagt Martin-Sebastian Abel, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im NRW-Landtag. Die Verbände müssten klare Regeln in Sachen Vorstandsgehältern aufstellen. „Wenn sie das nicht tun, wären wir bereit, das gesetzlich zu machen", sagt Abel. „Gehaltsverhandlungen sollten keine Pokerturniere sein", sagt auch Ralf Witzel, finanzpolitischer Sprecher der FDP im NRW-Landtag. Bei öffentlichen Trägern brauche man klare Grenzen für die Gehälter.
In Bayern gibt der Sparkassenverband solche verbindlichen Richtlinien für die Höhe der Vorstandsgehälter vor, in NRW geben die Sparkassenverbände nur Empfehlungen heraus. Unsere Auswertung zeigt, dass die Gehälter von gleichgroßen Sparkassen in Bayern deutlich näher beieinanderliegen als in NRW. In Bayern verdienen die Vorstände im Schnitt auch weniger.
Auch bei den Boni langen einige Vorstände tüchtig hin. In NRW, so die Empfehlung der Sparkassenverbände, sollten die Prämien nicht mehr als 15 Prozent des Festgehaltes betragen. Sieben Vorstände hielten sich nicht daran:
- die Sparkasse KölnBonn. Sie genehmigte ihrem vierköpfigen Vorstand einen Bonus von gut 22 Prozent – rund 50.000 Euro pro Person über der Empfehlung.
- die Sparkasse Leverkusen. Dort erhielt der ehemalige Chef Manfred Herpolsheimer 26 Prozent seines Festgehaltes zusätzlich als Bonus. 42.000 Euro mehr als vorgesehen.
- die Sparkasse Märkisches Sauerland Hemer-Menden. Sie bezahlte ihrem Vorsitzenden Dietmar Tacke einen Bonus von 23 Prozent. Und dass, obwohl die Sparkasse kaum Gewinn machte.
- die Stadtsparkasse Haltern am See. Das Vorstandsmitglied Jutta Kuhn bekam 20 Prozent als Prämie. 6.050 Euro mehr als empfohlen.
In Hessen liegen sogar 32 Sparkassen über der Bonusquote von 15 Prozent. Auf Anfrage von correctiv.org möchte der Sparkassenverband Hessen-Thüringen nicht verraten, wo in ihrem Geschäftsgebiet die Grenze für erfolgsabhängige Bezüge liegt.
Eines der vielen Probleme mit den Boni: Die Kommunalpolitiker, die in den Verwaltungsräten der Sparkassen sitzen, entscheiden über angemessene Prämien. Viele sind bei der Bewertung der wirtschaftlichen Lage aber überfordert. Das nutzen Sparkassenvorstände offenbar aus. Dem Vernehmen nach planen sie gerne vorsichtig, legen sich die Latte also bewusst niedrig, um sie dann relativ zu überspringen. Dafür gibt es dann einen großzügigen Bonus.
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Schon im November 2015 hatte das Handelsblatt zu Gehältern von Sparkassen-Chefs recherchiert: Die genauen Zahlen für OWL