Die mittelständische Heitkamp & Thumann-Gruppe sieht
ideale Bedingungen am Stammsitz in Bad Oeynhausen und den USA sieht. NW-Wirtschaftsredakteurin Andrea Frühauf sprach mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Heitkamp & Thumann-Gruppe, Peter Schmelzer, über die Gründe.
Herr Schmelzer, warum will der Mittelständler Heitkamp & Thumann, bei dem Ex-BDI-Präsident Jürgen Thumann Mitgesellschafter ist, das operative Balda-Geschäft kaufen?
Peter Schmelzer: Für die Übernahme sprechen viele Punkte. Die Balda Medical GmbH & Co. KG verfügt in Bad Oeynhausen über einen äußerst attraktiven Standort mit sehr guter Verkehrsanbindung, sehr guter Infrastruktur und hochqualifizierten Mitarbeitern. Damit sind wesentlichen Bedingungen erfüllt, mit dem Zukauf zukünftiges Wachstum zu erzielen.
Aber der Markenname Balda würde damit verschwinden.
Schmelzer: Ja, wir haben wir uns entschlossen den Namen Balda nicht zu erwerben. Unsere Presspart-Division hat in der Branche ebenfalls einen sehr guten Markennamen. Balda wird dagegen noch stark mit der Mobilfunkindustrie in Verbindung gebracht. Zudem ist Balda auch für sehr stürmische Zeiten bekannt.
Wie wollen Sie denn Balda in Ihr Geschäft integrieren?
Schmelzer: Wir wollen das operative Balda-Geschäft in unsere Presspart-Division integrieren. Sie erwirtschaftet fast ein Drittel unseres Gesamtumsatzes von 370 Millionen Euro und hat neben Marsberg (155 Mitarbeiter) noch zwei weitere Standorte in Tarragona (Spanien) und England (Blackburn). Mit Balda würden wir als Hersteller von Komponenten und Baugruppen für die pharmazeutische und medizintechnische Industrie unser Portfolio erweitern können und zudem die notwenige kritische Masse in einem sich konzentrierenden Markt erhöhen.
Was bietet Balda, was Sie nicht haben?
Schmelzer: Wir bekämen damit besseren Zugang zum wachsenden Marktsegment Diagnostik. In diesem Segment sind wir bisher gering vertreten. Balda fertigt mit seinem hochpräzisen Kunststoffspritzguss große Stückzahlen in einem hochregulierten Marktumfeld. In Spanien haben wir zwar auch eine Kunststoffverarbeitung, aber dort können wir nicht wie bei Balda hochkomplexe Baugruppen automatisiert zusammensetzen.
Welche Ziele verfolgen Sie konkret mit Balda in Bad Oeynhausen?
Schmelzer: Wir wollen durch den Zukauf unseren positiven Wachstumspfad fortsetzen, indem wir uns regional und technologisch verbreitern. Auch diese Bedingungen erfüllt Balda. In den vergangenen fünf Jahren haben wir ein organisches Wachstum von mehr als zehn Prozent pro Jahr realisiert. Jetzt haben wir neue Aufträge in der Pipeline, die wir konkret unterbringen müssen und für die wir ohne den Balda-Kauf immens in Infrastruktur investieren müssten. Wir arbeiten an zahlreichen neuen Projekten. Wir werden daher in Bad Oeynhausen die Belegschaft erweitern müssen. Sparmaßnahmen sind dort nicht geplant.
Und Sie übernehmen alle Balda-Mitarbeiter am Stammsitz?
Schmelzer: Fast alle. Auch das Management aus dem operativen Geschäft. Nur sechs Mitarbeiter in der AG und den Vorstandsvorsitzenden der AG Oliver Oechsle übernehmen wir nicht.
Und was passiert mit den Balda-Töchtern in den USA?
Schmelzer: Wir sehen in den USA erhebliches Wachstumspotenzial und sind dort mit unseren Sparten H&T Battery Components und H&T Automotive Components an zwei Standorten vertreten. Nun suchen wir dort nach einem Einstieg für Presspart, wollen aber nicht auf der grünen Wiese bauen. Deshalb passen die amerikanischen Balda-Gesellschaften gut in unsere Strategie. Auch hiermit verfolgen wir langfristige, strategische Ziele.
Warum glauben Sie, dass Sie den Balda-Aktionären zur Hauptversammlung das bessere Kaufangebot vorlegen als Ihr Mitbewerber, die Beteiligungsgesellschaft Paragon?
Schmelzer: Wir bezahlen 70 Millionen Euro – und zwar sofort mit dem Closing der Transaktion. Paragon dagegen bietet 65,9 Millionen Euro und will der AG zudem insgesamt 6,2 Millionen Euro an Kreditzinsen bezahlen. Denn Paragon will 28 Millionen Euro und damit mehr als 40 Prozent des Kaufpreises über ein dreijähriges Verkäuferdarlehen finanzieren. Das ist nicht ohne Risiko für die Balda Aktionäre wie der Zinssatz von 7,5 Prozent zeigt. Als Sicherheit bietet Paragon das Unternehmen. Das ist aus unserer Sicht eine interessante Rechnung. Zudem: 28 Millionen Euro sind heute mehr wert als in drei Jahren.
Wie würden Sie den Umgang mit Mitarbeitern in Ihrem Haus beschreiben?
Schmelzer: Wir haben sehr treue Mitarbeiter. Das ist uns auch sehr wichtig, denn ihr Know-how ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Die Beschäftigten werden bei uns stark in Entscheidungsprozesse einbezogen und haben ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Auch wenn wir nicht tarifgebunden sind, zahlen wir vergleichbare Löhne.