Bielefeld

Debatte um Ende des Bargelds

Wirtschaftsweisen uneins über Vor- und Nachteile von Münzen und Banknoten

Bargeld: Für manche Ökonomen sind Scheine und Münzen ein Auslaufmodell. | © dpa

Björn Vahle
21.05.2015 | 21.05.2015, 11:00

Bielefeld. Unter Ökonomen ist der Nutzen von Bargeld in Zeiten elektronischer Transaktionen erneut in die Diskussion geraten. Ein Wirtschaftsweiser hält es für sinnvoll, Bargeld abzuschaffen. Zu teuer für Banken, zu langsam im Alltag. Widerspruch kommt überraschend aus dem eigenen Lager.

Angestoßen hat die Debatte, die bereits 2010 hitzig ohne Ergebnis geführt wurde, der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sei Bargeld ein "Anachronismus", sagt er.

Hintergrund: Besonders in nordeuropäischen Ländern sei zu beobachten, dass immer mehr auch kleine Beträge bargeldlos bezahlt werden. Dänemark hat angekündigt, dass Tankstellen, Restaurants und kleine Geschäfte künftig kein Bargeld mehr annehmen müssen.

OWL-Ökonomen sind skeptisch

Bofinger hatte außerdem angeführt, durch die Abschaffung des Bargelds könnten Schwarzarbeit und Drogenmärkte effektiver bekämpft werden. Gäbe es keine 500-Euro-Scheine mehr, würde das vor allem "lichtscheue Gestalten" treffen, die damit ihre Geschäfte abwickelten.

Ökonomen aus der Region sehen das prophezeite Ende des Bargelds skeptisch. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das mittelfristig in Deutschland passieren wird", sagt Volker Willner vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe. Zwar sei Bargeld für die Geldinstitute ein Kostenfaktor - für die Bargeldbestückung von Automaten müssen Banken Dienstleister bezahlen - doch stamme immer noch "mehr als die Hälfte des Werts aller Transaktionen aus Barzahlungen", sagt Willner. Die Sparkassen verträten den Standpunkt, die Kunden entscheiden zu lassen, wie sie bezahlen wollen.

Eine Regelung, die auch Malte Krüger befürwortet. Der Professor an der Hochschule Aschaffenburg, zu dessen Fachgebieten die Geldpolitik gehört, glaubt außerdem nicht, dass die Abschaffung des Bargelds eine Wunderwaffe gegen Schwarzmärkte ist. "Gäbe es keine großen Scheine mehr, hätten wir vor allem in Krisen ein Problem, wenn große Mengen Bargeld abgehoben werden." Kartenzahlungen hätten außerdem den Makel, dass sie zurückverfolgbar seien. Fiele Bargeld als Alternative dafür weg, wäre das für Krüger ein "massiver Einbruch in die Privatsphäre".

Existenzberechtigung für Geldautomaten

Bis auf weiteres fürchtet deshalb auch Wincor Nixdorf nicht um den Wegfall eines seiner Kerngeschäftsfelder: Geldautomaten. "80 Prozent der Zahlungsvorgänge werden in Deutschland bar abgewickelt", sagt Unternehmenssprecher Andreas Bruck. "Das ist auch ein Votum." Und bis auf weiteres die Existenzberechtigung für Geldautomaten.

Doch beschäftige sich das Unternehmen seit zwei Jahren auch intensiv mit Lösungen für andere Transaktionsformen. Denn die seien weitere Geschäftsfelder für das Unternehmen. Bruck: "Die Komplexität für die Banken steigt. Es gibt Karten-, Bar- und mobile Zahlungswege. Wir bieten Software an, damit sie - unter anderem - Bargeld kostengünstiger managen können."

Information
Unternehmensregister für die EU

Einen anderen Weg gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung beschreitet das EU-Parlament mit einer neuen Richtlinie. Zentrale Register in allen EU-Staaten sollen künftig Informationen über Eigentümer von Unternehmen enthalten. Darin muss jeder aufgeführt sein, der mit mindestens 25 Prozent an der Firma beteiligt ist. Damit komme Licht in die "Welt der verschachtelten Unternehmenskonstrukte und Briefkastenfirmen", sagte der EU-Abgeordnete Peter Simon (SPD). Er forderte eine zeitnahe Verknüpfung der Register auf EU-Ebene. Die EU-Staaten haben zwei Jahre Zeit für die Umsetzung der Richtlinie.