
Marienmünster. Herzhaft ist die westfälische Küche. Mit Herz bereitet Antje Lange im „Wirtshaus Am Brunnen“ in Marienmünster-Vörden Westfälisches zu. Die 46-Jährige ist Chef im eigenen Gastronomiebetrieb, den sie gemeinsam mit ihrem Mann betreibt. Werner Lange übernimmt den Service im Restaurant, eine moderne Rollenverteilung. Auch kulinarisch schafft die Köchin den Spagat zwischen Moderne und Bodenständigkeit.
Roh ist der Fisch eigentlich schon, aber er schmeckt nicht so. In Cognac und Kräutern gebeizt, also eingelegt, erinnert der Bachsaibling von der Farbe her an Lachs. Hauchdünne Fischstreifchen schneidet Antje Lange von den Fischfilets und arrangiert sie mit raschen, präzisen Bewegungen in rosa Tupfen auf den Tellern. „Ein raffiniertes Gericht, das für Gäste einfach und schnell zuzubereiten ist“, sagt die Köchin. Der Bachsaibling kommt vom Züchter um die Ecke, in Ottbergen. Als westfälisches Sushi zergeht er auf der Zunge. „Mit Forelle gehts auch“, meint Lange. „Das ist dann westfälischer, aber so schmeckt es besser.“
Etwas versteckt liegt ihr „Wirtshaus Am Brunnen“ im Vördener Ortskern, gleich hinter dem Kump. So nennt man im Kreis Höxter einen alten Dorfbrunnen. Der ist Namensgeber fürs Langesche Gasthaus. Das Wasser, das noch immer in Vörden im Steinrund plätschert, dient heute längst nicht mehr der Wasserversorgung wie einst zu Urgroßmutters Zeiten. Der Kump ist pittoreskes Ortsmerkmal, hinter dem sich nicht minder pittoresk Fachwerkhaus an Fachwerkhaus reiht.
In einer der alten Prachthöfe ist in Deele und Scheune das Restaurant der Langes eingezogen. Im Rosenzimmer blitzt das Besteck auf gestärkten Tischdecken. „Bullenzimmer“ heiße das Séparée des Restaurants bei einigen Vördenern, erzählt Werner Lange, „weil früher hier der Ortsbulle untergestellt war, dem die Kühe der Region zugeführt wurden.“
Heutzutage geht es im Rosenzimmer romantischer zu. Das Sofa ist rot bezogen, darüber hängt ein Ölgemälde. „Das Zimmer ist besonders bei jungen Paaren beliebt“, sagt Antje Lange. Die geben sich auch im angrenzenden Vördener Trauzimmer das Jawort, bevor die Langes ihnen dann im Wirtshaus Sekt servieren – und Potthucke.
Die ist eine regionale Spezialität und klingt so westfälisch-praktisch-bodenständig, wie sie zubereitet wird. „Der Name rührt daher, dass die Speise früher stundenlang im Pott ,hockte, also zum Beispiel in der Abwärme des Ofens gebacken wurde“, erklärt die Küchenchefin. Die Potthucke sei eigentlich ein Resteessen. Bei den Langes erlebt die zünftigere Variante des Kastenpickerts zu Recht eine Renaissance. Das westfälische Kartoffelgericht verfeinert Lange mit Schmand, in ihr Cordon bleu kommt Nieheimer Käse, als Vorspeise reicht sie Ziegenkäsepralinen im Pumpernickelmantel.
Sie habe ihre Liebe zur westfälischen Küche als Köchin im ehemaligen Mövenpick-Hotel in Bielefeld entdeckt, sagt Antje Lange. Und auch die Liebe zu Patissier Werner Lange aus Vörden. Vor sechs Jahren zog das Paar zurück ins Weserbergland und setzt seitdem Westfälisches mit Pfiff auf die Wirtshauskarte. Antje Lange ist experimentierfreudig. „So bleibt die Arbeit für mich immer spannend. Und bodenständig muss ja nicht langweilig bedeuten. Das schätzen auch unsere Gäste.“
Rezept: Gebeizter Bachsaibling an Potthucke
Zutaten für 4 Personen: Für die Potthucke 500 g rohe Kartoffeln, 200 g gekochte Kartoffeln, 150 g Schinkenspeck, 100 g gewürfelte Zwiebeln, 100 g Schmand, 130 ml flüssige Sahne und 2 Eier; für den gebeizten Bachsaibling 2 Fischfilets mit Haut (je ca. 250 g), entgrätet und gesäubert, 30 g Salz, 20 g Zucker, 1/2 Esslöffel Pfefferkörner, 1/2 Esslöffel Koriander, 40 ml Cognac, Dill, Petersilie und Basilikum.
Zubereitung: Für die Potthucke die rohen Kartoffeln reiben und in einem Tuch ausdrücken. Die gekochten Kartoffeln durch eine Presse drücken und mit den rohen Kartoffeln vermengen. Schinkenspeck anbraten und Zwiebelwürfel glasig dünsten. Schmand, Eier, Schinkenspeck und Zwiebeln mit Kartoffelmasse verkneten. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. Den Teig in einer gefetteten Kastenform bei 180 Grad Celsius 35 Minuten lang backen. Potthucke erkalten lassen, in Scheiben scheiden und braten.
Für den gebeizten Bachsaibling Pfeffer- und Korianderkörner zerstoßen und mit Salz und Zucker vermengen. Die Kräuter grob hacken. Beide Filets mit Gewürzmischung und Kräutern bestreuen. Cognac auf den Filets verteilen. Ein Filet mit der Hautseite nach unten in eine Schale legen. Das zweite Filet mit der Hautseite nach obendrauf legen, so dass die Schwanzteile in entgegengesetzte Richtungen zeigen. Die Filets in Klarsichtfolie einwickeln, mit einem Holzbrett beschweren und zwei Tage im Kühlschrank marinieren lassen, in dieser Zeit zweimal wenden. Zum Anrichten flache, feine Scheiben von der Haut schneiden.
Alle Teile der Serie "Westfälisch Genießen" finden Sie in unserer interaktiven Karte vereint:
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