Bielefeld. Es ist November, die Tage kurz, die Nächte dunkel und lang. Der Mädelsabend ging mal wieder bis spät in die Nacht und den Heimweg tritt man von der Bahnhaltestelle aus alleine zu Fuß an. Die Bäume werfen gespenstische Schatten, im Gebüsch raschelt es und ein paar Meter hinter einem schleicht eine dunkle Gestalt durch die Nacht. Junge Frauen kennen das mulmige Gefühl.
Viele telefonieren daher gerne auf dem Weg nach Hause, weil sie sich so sicherer fühlen. Apps wie "KommGutHeim" und "Companion" können helfen. Sie bieten Freunden oder Familienmitgliedern die Möglichkeit, die Heimgehenden per Live- Standort-Übertragung zu begleiten. Außerdem gibt es in den Apps einen Knopf für den Notfall. Wird er aktiviert, werden die hinterlegten Kontakte darüber informiert, dass etwas nicht stimmt. Manchmal liegen nachts aber vielleicht alle Freunde schon im Bett - was dann? Für diesen Fall haben zwei Berlinerinnen "das Heimwegtelefon" entwickelt.
Dort kann man donnerstags und am Wochenende anrufen und sich von einem der ehrenamtlichen Mitarbeiter nach Hause begleiten lassen. Anrufer und Angerufener telefonieren, bis der Anrufer am Zielort angekommen ist. Beide Varianten verbindet die App "WayGuard", die der AXA Konzern mit der Polizei Köln entwickelt hat.
Hier wird die genaue Position der Nutzer an eine Leitstelle der Firma Bosch übermittelt, die eine Begleitoption bietet und im Ernstfall professionelle Hilfe organisiert. Alternativ kann man sich mit einem Begleiter aus dem privaten Umfeld verbinden lassen. Darüber hinaus stellt die App kriminalpolizeiliche Präventions- und Verhaltenstipps zur Verfügung.
All diese Apps können auf dem Heimweg natürlich ein subjektives Gefühl von Sicherheit vermitteln. Möglicherweise lockt ein Smartphone in der Hand aber auch eher Täter an. Wer sich unsicher fühlt und das Gefühl hat, verfolgt zu werden, sollte in jedem Fall sofort bei der Polizei anrufen. Klar, es kann Zufall sein, dass jemand hinter mir den gleichen Weg hat und ich fühle mich unsicher, obwohl es keine konkrete Bedrohung gibt.
Trotzdem gilt nach wie vor: Lieber einmal zu viel bei der Polizei anrufen, als einmal zu wenig. Aber auch schon vor dem Antritt des Heimwegs können sich unangenehme Situationen ergeben, in denen sich Frauen bedroht fühlen. Beispielsweise am Wochenende in einem Club, wo mit steigendem Alkoholpegel meist auch die Anmachen plumper werden und man von jemandem bedrängt wird. Oder das Date, mit dem man sich in einer Bar verabredet hat, überschreitet nach einigen Drinks auf einmal die Grenzen.
Hier setzt das Hilfsangebot "Luisa" an. Mit der Frage "Ist Luisa hier?" können sich betroffene Frauen an das Personal wenden und bekommen unmittelbar und direkt Hilfe. Initiiert wurde das Projekt vom Frauen-Notruf Münster e.V. und zur Übernahme in anderen Städten wurde ein Corporate Design entwickelt.
Mittlerweile gibt es in mehr als 30 deutschen Städten kooperierende Bars und Clubs. Die Angst vor gewalttätigen oder sexuellen Übergriffen begleitet Frauen häufig in alltäglichen Situationen. Tatsächlich sind die eben beschriebenen, typischen "Angst-Orte" aber noch vergleichsweise selten der Tatort.
Am häufigsten findet Gewalt gegen Frauen nämlich in der eigenen Wohnung oder in vertrauter Umgebung statt - am häufigsten ausgeübt von Partnern und Expartnern. Wo Betroffene Unterstützung und Hilfe bekommen, lesen Sie unten auf dieser Seite.
INFORMATION
Sechs Regeln der Bundespolizei für Notsituationen
1. Helfen Sie, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen: Es geht nicht darum, „den Helden zu spielen" – schon eine umsichtige Reaktion kann helfen. Schauen Sie nicht weg, seien Sie aufmerksam, sprechen Sie andere (mögliche) Helfende direkt an oder sagen Sie laut, dass Sie Hilfe organisieren. Dies kann bereits dazu beitragen, dass von dem Opfer abgelassen wird.
2. Fordern Sie andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf: Holen Sie sich Hilfe von weiteren Personen. Sprechen Sie den Mann mit der roten Jacke an, der gerade aus dem Geschäft kommt, oder wenden Sie sich an den Fahrer der Straßenbahn. Bitten Sie um Mithilfe. Einer solchen direkten Ansprache kann man sich schwer entziehen. Sie hilft häufig besser, als ein allgemeiner Hilfeaufruf.
3. Beobachten Sie genau und prägen Sie sich Täter-Merkmale ein: Wie sah der Täter aus? Welche Kleidung trug er? Wohin ist er gegangen? Die Polizei ist auf Unterstützung angewiesen. Oft sind es kleine Details, die dazu beitragen, dass der Täter zur Verantwortung gezogen werden kann. Falls es möglich ist, kann auch ein Foto hilfreich sein.
4. Organisieren Sie Hilfe unter dem Notruf 110: Den gebührenfreien Notruf 110 kann jeder wählen. Haben Sie kein Mobiltelefon dabei oder der Akku ist leer, bitten Sie eine andere Person, umgehend die Polizei zu verständigen. Wichtig ist es, die Situation kurz und bündig zu schildern: „Wer?", „Was?", „Wo?", „Wann?"
5. Kümmern Sie sich um Opfer: Erste Hilfe kann lebenswichtig sein. Kümmern Sie sich deshalb unverzüglich um verletzte Personen. Verschaffen Sie sich einen Überblick, wie Sie Hilfe leisten können. Bitten Sie auch andere Personen um Unterstützung. Rufen Sie eventuell auch einen Krankenwagen unter der Rufnummer 112.
6. Stellen Sie sich als Zeuge zur Verfügung: Mit Ihrer Aussage zum Geschehen tragen Sie dazu bei, dass die Straftat umfassend aufgeklärt werden kann.
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