
Monatelang keine Konzerte, keine Lesungen und keine anderen Kultur-Veranstaltungen – nichts, was vom eintönigen Corona-Alltag hätte ablenken können. Aber: Die Kultur ist, auch im Kreis Herford, in den vergangenen Monaten in kleinen Schritten wieder auferstanden.
Sebastian „Body" Dold ist hauptberuflich Lehrer an einer Realschule in Bünde im Kreis Herford. Daneben aber steht er auf der Bühne, er hat gleich mehrere Bands: Mit „Krawallo" macht er Familien-Rock-’n’-Roll, als „Body von den Helden" und mit den Bandkollegen „von den Helden" auch Musik für Erwachsene. Wegen Corona seien mehr als 50 Auftritte abgesagt worden, erzählt er.
„Aber Musik ist Leben – die brauchen wir doch alle", sagt Dold. Während des Lockdowns, als nichts mehr ging, verschickte er zunächst über WhatsApp musikalische Geburtstagsgrüße per Video. An einige Leute, die er persönlich kannte, aber auf Anfrage vor allem an solche Geburtstagskinder, die ihm völlig fremd waren – und mitten in den Videos gab’s immer eine persönliche Ansprache für die Jubilare. Dold: „Fast 200 solcher Grüße habe ich übermittelt, zuletzt auch an einige Kitas."
Vor Pfingsten, also im Mai, suchte Dold auch nach Wegen, wieder Musik vor Publikum zu machen. „Da wussten wir eigentlich noch gar nicht, was überhaupt möglich ist." Was möglich war, war ein Straßenkonzert in der Fußgängerzone in Bünde.
Mit Sven Kreinberg, einem hauptberuflichen Musiker aus einer seiner Bands, spielte er in Bünde Lieder wie „Die Gedanken sind frei", aber auch ein paar Songs für Kinder. „15 bis 20 Minuten durften wir an einer Stelle spielen, dann mussten wir 150 Meter weiterziehen", erinnert sich Dold. Die Aktion kam an bei den Leuten in der damals noch wenig belebten Bünder Innenstadt. „Manchmal bekamen wir sogar Applaus vom Dach – da guckten Zuschauer aus dem Fenster." Danach folgte ein Auftritt in Herford auf dem Münsterkirchplatz und im Aawiesenpark.
„Da waren der Kinderschutzbund und das Stadtmarketing Pro Herford mit im Boot." Die hätten ausprobieren wollen, ob eine solche Kulturveranstaltung überhaupt schon wieder klappen könne. Zu der Zeit hätten maximal 100 Leute bei dem Konzert dabei sein dürfen. „In dem Moment war das aber so viel mehr als wir uns überhaupt vorstellen konnten", sagt Dold. Um die Coronavorschriften einzuhalten, wurden Kreidekreise auf den Boden gezeichnet. „Darin konnten die Mitglieder eines Haushalts zusammen stehen."
Gemeinsam mit dem Förderverein Wittekinds Kultur, für den sich auch seine Frau Ines engagiert, rief Dold außerdem im zweiwöchigen Rhythmus eine Reihe ungewöhnlicher Konzerte ins Leben: in einem Garten bei ihm in der Nachbarschaft in Hiddenhausen zum Beispiel, aber auch in anderen Privatgärten in Vlotho, Enger oder Höxter – und auch auf dem Parkplatz eines Geschäfts in Spenge. „Zwischen 30 und 90 Besucher waren dabei."
Er selbst sei Lehrer und habe auch jetzt während der Pandemie ein geregeltes Einkommen. Bei vielen seiner Bandkollegen, die hauptberuflich Musiker seien, sei das aber anders. Auch darum habe er wieder Konzerte spielen wollen. „Ich wollte auch, dass meine Jungs, die mit mir auftreten, wieder eine kleine Einnahmemöglichkeit haben." Er selbst habe auf Gage verzichtet.
Zusammen mit seinen Bandkollegen habe er aber auch die Musik wieder zurück zu den Leuten bringen wollen. „Denn Musik ist ein wunderbarer Weg, wieder Emotionen zu erleben. Sie bewegt sowohl emotional als auch körperlich. Und sie bewegt Menschen aus verschiedenen Generationen aufeinander zu. Das finde ich wichtig."
Auch in der Stadt Enger ist die Kultur nach der Pandemie aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht – als erstes an einem Ort, an dem man es so gar nicht erwartet hätte: im städtischen Gartenhallenbad.
Im Juni lud der Kultur- und Verkehrsverein (KuV) hier zum allerersten Mal nach der langen Zeit des kulturellen Stillstands zu einem Konzert ein. Für Kinder rockte zunächst „Krawallo", am Abend gab’s dann Musik für Erwachsene.
„Wir wollten etwas tun für die Bevölkerung, aber auch für die Künstler", sagt die KuV-Vorsitzende Daniela Dembert. Am Anfang sei vieles angedacht gewesen, zum Beispiel Konzerte auf Schulhöfen. Das habe sich aber nicht realisieren lassen.
Dann habe die Stadt das Gartenhallenbad als Konzert-Gelände angeboten. „Eine ideale Location", findet Dembert. Das abschüssige Gelände sei wie eine Naturbühne.
Mittlerweile steigt im Gartenhallenbad das dritte Konzert: ein Open-Air-Festival am 3. Oktober mit gleich drei Bands. „Reeborn", „Von Weiden" und „Fräulein Ingrid aus Stockholm" sind dabei. „Wir haben hier jetzt sogar eine neue Marke: das Kulturbad", sagt Daniela Dembert und ergänzt: Bei allem Negativen habe „Corona auch die Chance für neue Veranstaltungsformate mit sich gebracht".