Neue Arbeitskonzepte

Pionier der Vier-Tage-Woche

Malte Kopp hat in seiner Agentur Kernbotschaft die Vier-Tage-Woche eingeführt. Die Erfahrungen sind bislang so positiv, dass für ihn schon jetzt feststeht: Ein Zurück wird es nicht mehr geben.

30.09.2020 | 08.10.2020, 15:39

Malte Kopp ist 36 Jahre alt. Und er hat in seinem Berufsleben schon einiges erlebt: Nach einer Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann studierte er an der FHM in Bielefeld Medienkommunikation und Journalismus, arbeitete als Kommunikations- und Marketingberater, seit fünf Jahren ist er selbstständig. Und ganz egal, was er oder auch so gut wie jeder andere gerade beruflich macht: In aller Regel ist damit eine Fünf-Tage-Woche verbunden.

Doch seit Mitte März ist bei ihm und den sechs Mitarbeitern eine buchstäblich neue Zeitrechnung angebrochen. Seitdem beginnt bei ihnen das Wochenende schon am Donnerstagabend – und dauert nun drei Tage bis zum Montagmorgen.

„Wir sind ein kleines, agiles Unternehmen und versuchen die Dinge auch mal anders anzugehen", sagt Malte Kopp. Auslöser, Arbeiten neu zu denken, war auf der einen Seite die Corona-Krise. Denn ein Standbein der Agentur sind Videoproduktionen und Beratungsworkshops, die gerade zu Beginn der Corona-Krise häufig abgesagt oder verschoben worden sind. Dazu kam die Frage nach der Lebensqualität, die ihn als Vater eines kleinen Sohnes mehr und mehr beschäftigte. Daraus entstand die Idee zur Vier-Tage-Woche, über die zwar viele reden, aber wohl eher die wenigsten dieses Unterfangen aktiv angehen. Dabei, sagt Malte Kopp, sei das gar nicht so schwer gewesen. Wichtig sei nur die richtige Struktur.

Neue Arbeitszeit = neuer Rhythmus

Und die sieht vor, dass die Mitarbeiter grundsätzlich von Montag bis Donnerstag arbeiten. „Dienstag und Mittwoch sind unsere Kerntage im Büro, einfach weil dann das Meiste los ist." Bei der Frage nach dem Arbeitsplatz herrsche grundsätzlich freie Ortswahl. Die Stundenzahl hat sich im Zuge der Neuordnung von 40 auf 36 Wochenstunden reduziert. „Wir arbeiten von Montag bis Donnerstag – jeweils eine Stunde täglich länger." Freitags werde aber weiterhin ein Newsletter versandt und es seien auch immer zwei Mitarbeiter als eine Art „Notdienst" über Firmenhandys für die Kunden zu erreichen. „Und ich bin sowieso 24/7 zu erreichen, denn der Beruf ist bei mir auch Hobby", sagt Malte Kopp und lacht.

Urlaubsanspruch und die Bezüge der Mitarbeiter seien unangetastet geblieben. Gestiegen sei jedoch die Produktivität.

„Im Moment ist das zwar noch ein Gefühl, aber wir werden das auch noch messen." Geändert habe sich auch die Nachfrage der Mitarbeiter nach der Tätigkeit im Homeoffice. „Die meisten sind in den vier Tagen hier und genießen es, gemeinsam vor Ort zu arbeiten." Um die neue Regelung zu realisieren, sei lediglich eine entsprechende Änderung der Verträge der Mitarbeiter nötig gewesen. Zum Beispiel bezüglich der Kernarbeitszeiten und der einzuhaltenden Pausenzeiten bei den Neun-Stunden-Regel-Tagen.

Mehr Zufriedenheit durch neue Arbeitszeitregelung

Bei den Kollegen sei die neue Regelung sehr gut angekommen. „Man spart einfach Zeit. Schon allein, weil man einmal weniger zur Arbeit fährt." Und nicht nur das trage zu einer gestiegenen Lebensqualität bei, auch die Wertschätzung für mehr Freizeit und mehr Erholung sei sehr groß, was dem Unternehmen in gestiegener Motivation und Energie zugute komme. Längerfristig gesehen, soll die Arbeitszeit zugunsten einer optimalen Produktivität sogar noch weiter gesenkt werden, 34 bis 30 Stunden wären denkbar. „Das ist aber noch eine Frage der Prozesse und der Struktur."

Wenn Malte Kopp an diesem Donnerstag daran denkt, was er an seinem freien Freitag morgen machen wird, dann räumt er ein, dass er sich erstmal daran gewöhnen müsse. „Ich nutze die Zeit natürlich, um sie mit meinem Sohn zu verbringen oder mich einfach mal ins Café zu setzen."

Die Kunden hätten übrigens in der Testphase zunächst gar nichts der Vier-Tage-Woche mitbekommen, da sich die Zeiten von Kernbotschaft ohnehin an der Nachfrage orientieren.

Nach der erfolgreichen Probezeit hat Malte Kopp nun aber nicht nur die Kunden, sondern auch anderen Unternehmen in Workshops von seinen Erfahrungen berichtet. Und dann ist etwas passiert, was er gar nicht auf dem Schirm hatte. „Wir haben auch schon erste Anfragen bekommen, andere Unternehmen diesbezüglich zu beraten", sagt er und lacht.