Detmold

„Die Rechte“ ruft ihre Anhänger zum Auschwitz-Prozess

Auschwitz-Prozess: OWL-Kreisverband nimmt Holocaust-Leugnerin in Schutz

09.06.2016 | 09.06.2016, 06:00
Sascha Krolzig von der Partei "Die Rechte". - © Krolzig
Sascha Krolzig von der Partei "Die Rechte". | © Krolzig

Detmold. „Die Rechte" in OWL versucht, ihre Anhänger für die letzten Verhandlungstage im Auschwitz-Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning zu mobilisieren. Polizei und Justiz reagieren gelassen auf den Aufruf des Kreisverbandes, der von dem einschlägig vorbestraften Rechtsextremisten Sascha Krolzig geführt wird.

Die Polizei ist laut Sprecher Uwe Bauer mit ausreichend Kräften vor Ort. Wenn der Prozess heute (10 Uhr, IHK Detmold) fortgesetzt wird, werde sie ein besonderes Augenmerk auf die Geschehnisse vor dem Gebäude haben. Gerichtssprecherin Anneli Neumann betonte, dass nach dem Grundsatz der Öffentlichkeit alle Personen Zugang zum Prozess erhielten. Sollte es im Gerichtssaal Ärger geben, würde Richterin Anke Grudda einschreiten.

Vermeintlicher Anlass für den Aufruf der „Rechten" ist eine Anfrage des Ehepaares Gottschalk an die NRW-Landesregierung mit dem Ziel, die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck von den letzten Auschwitz-Prozesstagen auszuschließen. „Nach dem dreisten Gebaren der Gottschalks wäre es ganz besonders erfreulich, wenn an diesen letzten Verhandlungstagen möglichst viel kritische Öffentlichkeit im Saal zugegen ist", heißt es auf der Homepage wörtlich.

Bernadette Gottschalks Großeltern und andere Verwandte sind, wie berichtet, in Auschwitz ermordet worden. Der Cousin ihres Vaters, Imre Lebovits, ist einer der Nebenkläger in dem Verfahren gegen den 94-jährigen Angeklagten, der sich wegen der Beihilfe des Mordes an mindestens 170.000 Menschen im Konzentrationslager Auschwitz verantworten muss.

Zum Prozess in Detmold erschien das Ehepaar aus Laatzen regelmäßig als Zuhörer. Beim jüngsten Prozesstag waren die Gottschalks und andere Holocaust-Angehörige am Rande der Verhandlung auf Haverbeck getroffen. Die hatte geäußert, dass das begangene Unrecht primär in der Verurteilung der KZ-Kommandanten liege und nicht in der Ermordung der Juden. Daraufhin hatten sich die Gottschalks in einem Schreiben an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und das Justizministerium gewandt, um prüfen zu lassen, ob Haverbeck als Zuhörerin ausgeschlossen werden könnte.

Unter der Überschrift „Ehepaar startet Hetzkampagne gegen 87-jährige Bürgerrechtlerin" kritisiert der Kreisverband der „Rechten" nun die Presse und das Verhalten der Gottschalks. Das Erscheinen Haverbecks beim Prozess sei zum Skandal hochstilisiert worden. Dabei habe die „Große Dame des deutschen Nationalismus", wie „Die Rechte" die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin aus Vlotho bezeichnet, „ihr ganzes Leben lang für Meinungs- und Forschungsfreiheit gekämpft".

Das Ehepaar Gottschalk hat inzwischen erneut an die Landesregierung geschrieben und das Prüfungsgesuch widerrufen. „Ich stehe nach wie vor zu meinem Schreiben, möchte aber die historische Bedeutung des aktuellen Auschwitzprozesses nicht gefährden, in dem das Thema Holocaustleugnung eine unangemessene Publizität erlangt", sagte Joachim Gottschalk.