
Detmold. Das Erscheinen der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus Vlotho (Kreis Herford) am 16. Prozesstag gegen den ehemaligen SS-Mann Reinhold Hanning aus Lage (Kreis Lippe) hat Bernadette und Joachim Gottschalk aus dem niedersächsischen Laatzen erzürnt. Das Ehepaar hat sich an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gewandt. In dem zweiseitigen Brief, der nw.de vorliegt, schildert das Ehepaar, das zahlreiche Verhandlungstage vor dem Detmolder Landgericht persönlich verfolgt hat, wie das Gespräch mit der 87-jährigen Holocaust-Leugnerin verlaufen ist.
Bernadette Gottschalks Großeltern und andere Verwandte sind in Auschwitz ermordet worden. Der Cousin ihres Vaters, Imre Lebovits, ist einer der Nebenkläger in dem Verfahren gegen den 94-Jährigen Angeklagten, der sich wegen der Beihilfe des Mordes an mindestens 170.000 Menschen im Konzentrationslager Auschwitz verantworten muss.
In den Schreiben an die beiden Politiker bittet das Ehepaar Gottschalk darum, zu prüfen, ob für die drei noch anberaumten Prozesstage vom 9. bis 11. Juni Ursula Haverbeck von vornherein als Zuhörerin bei dem Prozess ausgeschlossen werden kann.
"Anwesenheit ist unerträglich"
„Für Holocaustüberlebende und deren Angehörige ist die Anwesenheit einer anerkannten Holocaustleugnerin, hierzu auch rechtskräftig verurteilt, unerträglich. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass sie sich im Gespräch dahingehend äußert, dass das begangene Unrecht primär in der Verurteilung der KZ-Kommandanten liege und nicht bei den Ermordeten", schreibt das Ehepaar an Kraft und Kutschaty.

„Bei einzelnen der Holocaustüberlebenden kann die emotionale Erregung nachvollziehbar so stark sein, dass sie sich gezwungen sehen, den Verhandlungsraum zu verlassen. In diesem Fall hat das grundsätzlich auch Frau Haverbeck zustehende Anwesenheitsrecht gegenüber der Gewährleistung einer befriedeten emotionalen Situation für die Holocaust-Überlebenden zurück zu stehen", erklärt Familie Gottschalk in dem Brief.