
Detmold. Der Angeklagte im Detmolder Auschwitz-Prozess, Reinhold Hanning (94), hat sich am Freitag persönlich im Verhandlungssaal für seine Beteiligung an den Tötungen im früheren NS-Vernichtungslager entschuldigt. Er bereue zutiefst, "einer verbrecherischen Organisation angehört zu haben", sagte der aus Lage im Kreis Lippe stammende frühere SS-Wachmann. In den vorangegangenen zwölf Verhandlungstagen hatte er geschwiegen.
Bevor Hanning selbst seine Entschuldigung vortrug, hatte sein Anwalt eine 23-seitige Erklärung über den Werdegang seines Mandanten verlesen.
Darin machte er deutlich, dass Hanning schon kurz nach seinem Einsatzbeginn in Auschwitz erstmals Leichengeruch wahrgenommen hatte und damit auch im Bilde gewesen sei, was sich im Lager zugetragen habe. In Auschwitz sei den Soldaten „recht deutlich gemacht" worden, dass man zu funktionieren habe. „Wenn ich mich richtig erinnern kann, ließ man auch keinen Zweifel daran, dass - sollte man sich weigern - man Schlimmeres zu befürchten hatte." Er habe bis zur Anklage versucht, diese Zeit zu verdrängen. „Auschwitz war ein Alptraum. Ich wünschte, nie dort gewesen zu sein", schloss die Erklärung.
Als Nebenkläger verfolgen auch viele KZ-Überlebende und ihre Angehörigen den Prozess. Einer von ihnen, Leon Schwarzbaum, äußerte sich nach der Entschuldigung enttäuscht. „Das ist mir nicht genug. Er hat so vieles schöngeredet", sagte der 95-Jährige aus Berlin. „Es mag sein, dass er heute ein anderer Mensch ist, aber für das was war, dafür gibt es keine Entschuldigung."
Auch Nebenkläger-Anwalt Cornelius Nestler bezeichnete die Erklärung als „dünn und inhaltsarm". Aus ihr gehe nicht hervor, zu welchem Zeitpunkt Hanning in Auschwitz was getan habe. Dennoch sei eine Entschuldigung zu respektieren. „Dass sich Herr Hanning nach so langem Schweigen endlich seiner Verantwortung stellt, zeigt doch, wie sinnvoll solche Strafverfahren noch sind", sagte Nestler.
Die Erklärung des Angeklagten im Wortlaut:

Gegen Hanning wird wegen Beihilfe zu allen Morden im Vernichtungslager Auschwitz zwischen Januar 1943 und Juni 1944 verhandelt. Zunächst war ihm Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen vorgeworfen worden. Im Mittelpunkt steht die sogenannte Ungarnaktion, bei der zwischen Mai und Juli 1944 Hunderttausende Juden nach Auschwitz deportiert und fast alle umgebracht wurden. Insgesamt wurden von den Nazis in dem Lager im besetzten Polen mehr als eine Millionen Menschen getötet, vor allem Juden.
Der Auschwitz-Prozess in Zitaten: