Detmold. Max Eisen, William Glied, Irene Weiss und Judith Kalman: Vier der sechs nächsten Zeugen im Auschwitz-Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning haben vor einem Jahr auch vor dem Lüneburger Landgericht gesprochen. Die Detmolder Kammer unter Vorsitz von Anke Grudda wird ihre Aussagen am Donnerstag und Freitag (Beginn: 10 Uhr, IHK-Gebäude) hören.
Max Eisen, Jahrgang 1929, lebte in einem 5.000-Einwohner-Ort in Ungarn, als er im April 1944, zusammen mit 450 anderen Juden des Dorfes, nach Auschwitz deportiert wurde. Der 15-Jährige musste mit ansehen, wie seine zweijährige Schwester, die Mutter, die Großeltern und eine Tante sofort von der Rampe in die Gaskammern geschickt wurden. Sein Vater und der Onkel kamen zunächst mit Max Eisen ins Lager. Beide wurden später „selektiert" und ermordet. Max Eisen lebt heute in Toronto.
Auch Irene Weiss, die heute im US-Bundesstaat Virginia lebt, kam im Mai 1944 mit einem Transport ins Vernichtungslager. Ihre Familie – Eltern und alle fünf Geschwister – wurden in Auschwitz-Birkenau umgebracht.
Die Geschichte von Judith Kalman ist anders, aber dennoch eng mit Auschwitz verwoben. Sie ist Holocaustüberlebende der zweiten Generation, denn sie selbst wurde erst nach dem Krieg geboren. Ihr Vater überlebte das Konzentrationslager. Später gründete er eine neue Familie.
Während am Donnerstag, dem dritten Prozesstag, nur Holocaustüberlebende in den Zeugenstand gerufen werden, wird am Freitag auch ein Beamter des Landeskriminalamtes dem Gericht Auskunft über die Ermittlungsarbeit der Polizei geben und erläutern, inwieweit die gefundenen Dokumente den Angeklagten belasten. Die Staatsanwaltschaft legt Reinhold Hanning Beihilfe zum Mord in Auschwitz in mindestens 170.000 Fällen zur Last.