Missbrauchsskandal Lügde

Lügde-Prozess beginnt am 27. Juni: Staatsanwalt listet fast 300 Fälle auf

Die Anklageschrift umfasst 64 Seiten. Die Details des jahrelangen vielfachen Missbrauchs sind kaum zu ertragen. Der Prozess ist auf zwei Monate angesetzt

Lügde: Ein Kinder-Dart-Spiel liegt vor der bereits zum Teil abgerissenen Parzelle des mutmaßlichen Täters. | © picture alliance/dpa

18.05.2019 | 18.05.2019, 11:13

Lügde. Im Missbrauchsfall Lügde hat die Staatsanwaltschaft Detmold nun mitgeteilt, was sie den beiden Haupt-Angeschuldigten Andreas V. und Heiko V. in den Einzelheiten zur Last legt. Die Anklageschrift umfasst 64 Seiten. Der Prozess beginnt am 27. Juni. Das hat ein Gerichtssprecher bestätigt. Die Verhandlungen sind auf zwei Monate angesetzt.

Die Staatsanwaltschaft Detmold wirft dem 56 Jahre alten Dauercamper Andreas V. aus Lügde in insgesamt 293 Fällen  sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlen, schweren sexuellen Missbrauch von Kindern sowie den Besitz von kinderpornografischen Schriften vor.

22 minderjährige Geschädigte

Die Taten sollen im Sommer 1998 und seit Anfang des Jahres 2008 bis Dezember 2018 auf dem Campingplatz „Eichwald" in Lügde-Elbrinxen begangen worden sein. Die Anklageschrift führt 22 Geschädigte auf, die zum Zeitpunkt der Taten sämtlich minderjährig gewesen seien. Außerdem soll der Angeschuldigte  Andreas V. im Dezember 2018 im Besitz von 879 Bild- und Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt gewesen sein.

Demonstration in Niedersachsen: Die Kinderschuhe symbolisieren die Opfer des Missbrauchsfalls von Lügde. - © picture alliance/dpa
Demonstration in Niedersachsen: Die Kinderschuhe symbolisieren die Opfer des Missbrauchsfalls von Lügde. | © picture alliance/dpa

Die Aufzählung der Staatsanwaltschaft lässt hinter dem nüchternen Jursitendeutsch erahnen, wie furchtbar das Geschehen für die kleinen Opfer gewesen sein muss: In 226 der 293 angeklagten Fälle soll der Angeschuldigte an zehn verschiedenen Kindern den "Beischlaf vollzogen haben oder ähnliche sexuelle Handlungen an diesen vorgenommen haben, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden gewesen sein sollen", teilt die Staatsanwaltschaft mit. In einem Fall soll der Angeschuldigte laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft zwei Kinder veranlasst haben, sexuelle Handlungen aneinander vorzunehmen.

Übertragungen per Webcam

Die Staatsanwaltschaft Detmold wirft dem zweiten Angeschuldigten, dem 49 Jahre alten Angeschuldigten Heiko V. aus Stade, in zwei Fällen Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, in einem Fall Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern, in einem Fall die Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind sowie den Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften vor.

Von Herbst 2010 bis zum Frühjahr 2011 soll Heiko V. in mindestens vier Fällen an Webcam-Übertragungen des Angeschuldigten Andreas V. teilgenommen haben. In zwei Fällen soll der Angeschuldigte Andreas V. vorher zu sexuellen Handlungen an Kindern und deren Übertragung per Webcam ausdrücklich aufgefordert haben. In einem Fall soll er die sexuellen Handlungen von Andreas V. an einem Kind über die Webcam beobachtet und kommentiert haben. In einem weiteren Fall soll Heiko V. während eines Livechats vor den Augen der anwesenden Kinder onaniert haben.

Darüber hinaus sollen bei dem Angeschuldigten Heiko V. im Januar 2019 42.719 Bild- und Videodateien mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt aufgefunden worden sein.