
Bielefeld/Köln. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das duale Studium für Hebammen einführen und die Geburtshilfe damit zu einem akademischen Beruf machen.
Dieser Schritt sei längst überfällig. "Ich freue mich sehr, dass Herr Spahn seine ablehnende Haltung aufgegeben hat", sagt Barbara Blomeier, Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen NRW. Sie forderte eine zügige Umsetzung. Denn die Anforderungen an den Beruf hätten sich massiv verändert.
Viele Kliniken haben Probleme, Hebammen zu finden
Eine EU-Leitlinie verlangt die Akademisierung bis zum 18. Januar 2020. Auch im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, die Ausbildung von Hebammen nach EU-Vorgaben als akademischen Beruf umzusetzen. "Deutschland ist mittlerweile das letzte Land in der EU, das Hebammen noch nicht an Hochschulen ausbildet", erklärte der Deutsche Hebammenverband, der Spahns Ankündigung ebenfalls befürwortet. Blomeier, die in Bielefeld nebenbei noch freiberuflich arbeitet, verspricht sich von der Akademisierung ein attraktiveres Berufsbild und damit mehr Nachwuchs. "Frauen haben dann ganz andere Weiterbildungsmöglichkeiten."
Fast jede zweite Klinik mit Geburtshilfe hat nach Angaben des Bundesverbandes inzwischen Probleme, offene Hebammenstellen zu besetzen. Hebammen in Deutschland betreuen nach Verbandsangaben bereits mehr als doppelt so viele Frauen unter der Geburt wie in anderen europäischen Ländern. Darunter leide die Versorgung für Mutter und Kind rund um die Geburt.
Viele Hebammen haben aufgegeben
Grund für den Hebammen-Mangel sind demnach nicht nur steigende Geburtenzahlen. Viele Hebammen arbeiteten inzwischen in Teilzeit an Kliniken. Ihr Anteil habe sich auf rund 72,9 Prozent erhöht - 1991 waren es noch 28,9 Prozent gewesen.
Zudem hat laut einer vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen IGES-Studie (2012) ein Viertel der freiberuflich tätigen Hebammen im Zeitraum von 2008 bis 2010 die Geburtshilfe aufgegeben. Grund waren die hohen Haftpflichtversicherungsbeiträge, die inzwischen staatlich subventioniert werden. "Aber damit ist das Problem noch nicht gelöst", kritisiert Blomeier. Denn es gebe für Hebammen nur einen Anbieter, sprich ein Konsortium von Versicherern, "das die Preise diktiert".
Lauterbach (SPD): Bessere Bezahlung ist wichtiger
In der SPD meldeten sich indes auch kritische Stimmen zu Spahns Ankündigung. Der Fraktionsvize Karl Lauterbach argumentierte: "Das Studium für Hebammen kann nur Angebot und nicht Pflicht sein." Viel wichtiger seien eine bessere Bezahlung von Hebammen und Kliniken für Geburten.Das erhoffen sich auch die Hebammen.
Bisher dauert die Hebammen-Ausbildung drei Jahre. Sie umfasst theoretischen und praktischen Unterricht in staatlich anerkannten Hebammenschulen und an Krankenhäusern. Allerdings gibt es bereits einige Universitäten, darunter die Katholische Hochschule NRW, die den Studiengang Hebammenkunde mit Bachelor-Abschluss bereits anbieten. Modellstudiengänge gibt es auch in Bochum, Fulda und Berlin. Die Bezahlung hat sich aber damit nach Verbandsangaben nicht geändert, obwohl laut Tarifvertrag im öffentlichen Dienst ein Akademiker höher bezahlt werden müsste.