Paderborn. Sie lebt ihre Religion nicht nur privat, sondern auch im Beruf: Elisa Klapheck. Die in Düsseldorf geborene Jüdin ist praktizierende Rabbinerin und erste Professorin für jüdische Studien an der Universität Paderborn. Am Mittwoch startet die 54-Jährige mit ihrer Antrittsvorlesung über die jüdische Theologin Pnina Navè Levinson in das Wintersemester 2017/2018.
„Jüdische Frauen werden häufig einfach vergessen, obwohl sie sehr große Leistungen vollbracht haben", erklärt Klapheck. „Mir ist es ein ganz besonderes Anliegen, dass nicht nur über die Dinge, die jüdische Frauen in der Historie vollbracht haben, sondern auch über die Frauen selbst gesprochen wird. Sie sind die Ideengeberinnen."
Mit Pnina Navè Levinson wird es in der Antrittsvorlesung um die Einordnung einer wichtigen jüdischen Frau in den Kontext vieler Religionen gehen. Klapheck selbst sieht sich als Feministin. „Allerdings nicht als eine solche, die sich gegen die Männer stellt." Es sei einfach wichtig, dem Vergessen entgegenzuwirken. Grundlegend, aber eben auch im Hinblick auf bedeutende Frauen.
"Ressentiments nehmen zu."
„Der Schock der Shoa hört auf, prägend zu sein", sagt Klapheck. „Die Menschen, die den Holocaust miterlebt haben, sterben. Dadurch entstehen neue Freiräume, die Menschen nutzen, um sich gegen Juden zu stellen. Antijüdische Ressentiments nehmen zu." Auch im Bereich der Sprache sei es normal geworden, sich so zu verhalten, sagt sie. „Mir fällt das besonders bei Menschen auf, die in Ländern aufgewachsen sind, in denen der zweite Weltkrieg nicht thematisiert oder nicht verarbeitet wurde."
Klapheck möchte ihren Studenten, die nicht nur aus dem Bereich der Theologie kommen, besonders nahelegen, immer wieder den Vergleich der Religionen zu suchen. Studenten sollen sich die Frage stellen: Was bedeutet das für mich? „Jüdische Studien müssen in den größeren Bereich der Theologie eingeführt werden. Es soll ein Austausch auf Augenhöhe stattfinden. Themen müssen diskutiert werden, denn sie stehen nie alleine", erklärt sie. Um sich entwickeln zu können, bedürfe es stets der Vergleichsmomente. „Ohne die jüdische Sichtweise ist alles unvollständig."Es zeige sich parallel zum zunehmenden jüdischen Ressentiment auch eine Gegenbewegung. „Es gibt eine neue Sensibilität für das Judentum. Leute sind interessiert. Und das ist großartig."
Jüdische Studien sind das Fachgebiet der Rabbinerin. Zu Beginn ihrer akademischen Laufbahn wählte Klapheck jedoch zunächst die Politologie und darin vor allem politische Philosophie. „Ich fand es interessant, mehr darüber zu erfahren, wie politische Systeme funktionieren." Öffentliches Recht belegte sie im Nebenfach. 1999 folgte das Rabbinatsstudium und 2004 die Ordinierung in den USA.
Kontakte nach Paderborn hat Klapheck schon länger: Sie war schon mehrfach als Rednerin zu Gast an der Universität.
Elisa Klapheck wurde 1962 in Düsseldorf geboren. Seit 2009 ist sie Rabbinerin der liberalen Synagogengemeinschaft „Egalitärer Minjan" in der jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main. Vor ihrer Ordination 2004 war sie jahrelang für Tageszeitungen, Rundfunk und Fernsehen tätig.