
Berlin. Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD haben sich im Tauziehen um die Einführung eines neuen Wehrdienstes grundsätzlich auf einen Kompromiss verständigt. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf beide Fraktionen.
Der Kompromiss sieht demnach vor, aus all jenen jungen Männern, die einen verpflichtenden Fragebogen ausgefüllt haben, einen Teil auszulosen, der anschließend gemustert und zu einem Gespräch gebeten werden soll. Für den Fall, dass es nicht genügend Freiwillige gibt, sollen die Ausgelosten anschließend auch zum mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet werden.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll nun noch Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötigt. Sie würden als Kriterien für die etwaige Nutzung von Pflichtelementen herangezogen. Diese Lösung orientiert sich unter anderem an Dänemark, wo es so ein Losverfahren bereits gibt. Dort gilt die Wehrpflicht für alle, aber nur ein Fünftel wird eingezogen.
Neuer Wehrdienst in Deutschland: Dänemark als Vorbild
Dass schon über die Musterungen per Los entschieden würde, hätte aus Sicht der Koalitionsfraktionen den Vorteil, dass sich die Zahl der Musterungen in Grenzen hielte; der Aufwand wäre geringer. Überdies hofft man so, möglicher Kritik an fehlender Wehrgerechtigkeit begegnen zu können.
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In dem vom Kabinett gebilligten Gesetzentwurf steht lediglich, dass die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages die Einziehung von Wehrpflichtigen veranlassen kann, wenn „die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist“. Weitere Details fehlen.
Koalition will über Wehrdienst-Kompromiss entscheiden
CDU und CSU ist das erklärtermaßen zu wenig. Sie fordern seit Monaten mehr Verbindlichkeit und die Verankerung eines Pflichtmechanismus in dem bereits vorliegenden Gesetzentwurf, statt der Verschiebung unter ungewissen Voraussetzungen.
Nach RND-Informationen wollen beide Koalitionsfraktionen am Dienstag über den Kompromiss beraten. Am Mittwoch soll die Öffentlichkeit informiert werden. Am Donnerstag würde die Erste Lesung im Bundestag stattfinden. Ob Pistorius den Plan akzeptiert, ist noch unklar. Dem Vernehmen hält er seinen Gesetzentwurf nicht für korrekturbedürftig.
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Aufgrund der Anforderungen der Nato in Folge der russischen Bedrohung soll die Bundeswehr von jetzt rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten auf 260.000 anwachsen. Benötigt werden zudem 200.000 Reservisten. Nicht zuletzt dem soll der neue Wehrdienst dienen. Jeder ehemalige Wehrdienstleistende gehört automatisch der Reserve an.