
Die Unionsfraktion im Bundestag lehnt den Vorschlag des Koalitionspartners SPD ab, dass Gutverdiener mehr in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen und so die Finanzlage der Kassen stabilisieren sollen.
„Wir müssen als Koalition darauf achten, dass niemand über Gebühr belastet wird - auch nicht der gutverdienende Facharbeiter. Denn dieser müsste bei dem Vorschlag die zusätzlichen Belastungen schultern“, sagte CDU/CSU-Fraktionsvize Albert Stegemann dieser Redaktion. Statt über höhere Belastungen müsse grundlegend über die Finanzierung der Krankenversicherung gesprochen werden, so Stegemann. „Wir müssen das System effizienter machen.“
Gesundheitsexperten von SPD und Grünen hatten sich dafür ausgesprochen, die Beitragsbemessungsgrenze und die Versicherungspflichtgrenze zu erhöhen. So könnten die Krankenkassen durch mehr Einnahmen wieder stabilisiert werden. „Eine Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze – etwa auf das Niveau der Rentenversicherung – kann ein Beitrag zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen sein, ohne die Versicherten über Gebühr zu belasten“, sagte der gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Christos Pantazis, der „Bild“-Zeitung.
Vorschlag: Beitragsbemessungsgrenze nach oben verschieben
Die Beitragsbemessungsgrenze bezeichnet den maximalen Bruttolohn, bis zu dem Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Der Teil des Einkommens, der oberhalb dieser Grenze liegt, bleibt beitragsfrei. Aktuell liegt die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung bei 5.512,50 Euro monatlich, die der Rentenversicherung bei 8.050 Euro. SPD-Mann Pantzis schlägt vor, diese Schwelle um rund 2.500 Euro nach oben zu verschieben, also bei höheren Einkommen auf einen größeren Teil des Geldes Beiträge zu erheben.
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Zustimmung erhielt er von Grünen und Linken. „Neben umfassenden Strukturreformen ist es richtig, die Beitragsbemessungsgrenze zusammen mit der Versicherungspflichtgrenze stufenweise auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben“, sagte Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen der „Bild“.
Die Versicherungspflichtgrenze bestimmt, ab welchem Einkommen eine Person nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, sondern sich privat versichern kann. Bei einem Wechsel würden die entsprechenden Gebühren den gesetzlichen Kassen verloren gehen.
Linksfraktion würde deutlich weiter gehen
Die Linksfraktion begrüßte den Vorstoß, würde aber noch deutlich weiter gehen: Statt bis zu gut 8.000 Euro würde sie auf 15.000 Euro Monatseinkommen Krankenkassenbeiträge abführen - dabei allerdings nicht nur das Gehalt berücksichtigen.
„Seit Jahren steigen die Beiträge für Normalverdienende. Gleichzeitig schließt die neue Gesundheitsministerin Leistungskürzungen nicht mehr aus. Mehr Geld für weniger Leistung - das ist absurd“, begründete Linken-Sprecher für Gesundheitsökonomie, Ates Gürpinar. „Daher ist es notwendig, dass endlich auch starke Schultern einbezogen werden“, sagte er dieser Redaktion. Dazu sollte die Beitragsbemessungsgrenze in einem ersten Schritt auf 15.000 Euro angehoben werden, so Gürpinar. „Hierbei sollen auch bislang unberücksichtigte Einkommensarten wie Mieteinnahmen und Rendite einbezogen werden.“ Dazu würde die Linke auch die Versicherungspflichtgrenze anheben.
Auch der Sozialverband SoVD betonte, er fordere „schon seit vielen Jahren, die Versicherungspflichtgrenzen anzuheben und die Beitragsbemessungsgrenze zumindest auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen“, erklärte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. „Darum begrüßen wir diesen Vorstoß.“
Krankenkassen sehen Bundestag in der Pflicht
Die Krankenkassen selbst sehen nun den Bundestag in der Pflicht. „Ob Gutverdiener oder auch Privatversicherte stärker an der solidarischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt werden sollten, ist eine politische Entscheidung“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz. Die gesetzlichen Krankenversicherungen werden die politischen Vorgaben umsetzen, so Lanz, aber gefordert sei nun zuerst das Parlament. „Immerhin geht es um 90 Prozent der Bevölkerung.“