Radikale Kampfansage an EU

Donald Trumps Zoll-Hammer für die ganze Welt – 20 Prozent auf EU-Einfuhren

US-Präsident Trump verschärft seinen ohnehin schon harten Zollkurs. Der Republikaner holt zum radikalen Rundumschlag aus. Mit gravierenden Folgen für die EU.

US-Präsident Donald Trump zeigt eine unterzeichnete Anordnung über die neuen Zölle im Rosengarten des Weißen Hauses. | © Evan Vucci/AP/dpa

Sven Christian Schulz
03.04.2025 | 03.04.2025, 16:37

Washington. US-Präsident Donald Trump hat der Welt in der Nacht zu Donnerstag offiziell den Handelskrieg erklärt. Im Rosengarten des Weißen Hauses kündigte der 78-Jährige die wohl umfangreichsten und aggressivsten Zölle in der Geschichte der Vereinigten Staaten an.

Amerika sei „geplündert, gebrandschatzt, vergewaltigt und ausgeraubt“ worden, behauptete Trump. Damit sei jetzt Schluss – er rief den nationalen Notstand aus. Er kündigte einen Mindestzollsatz von 10 Prozent ab Samstag auf alle Importe an sowie Sonderzölle von bis zu 46 Prozent für zahlreiche Länder der Welt, die in Trumps Augen besonders unfair zu Amerika seien.

Unternehmen aus der EU müssen Trump zufolge nun mit neuen Sonderzöllen in Höhe von 20 Prozent rechnen, wenn sie Produkte in die USA exportieren. Diese gelten ab Mittwoch. „Sie zocken uns ab“, warf er den Europäern vor. An seine Anhänger gerichtet, sagte er: „Das goldene Zeitalter Amerikas kommt nun bald zurück.“ Demonstrativ hielt er einen Stapel ausgedruckter Blätter in die Luft, auf dem in großen Buchstaben „Ausländische Handelsbarrieren“ stand, gegen die er nun vorgehe.

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Donald Trump spricht vom „Tag der Befreiung“

Dass Trump vom „Tag der Befreiung“ spricht, ist kein Zufall. Seit Wochen verspricht der US-Präsident seinen Anhängern nicht weniger als die „Wiedergeburt des Landes“ und will ihnen „enormen Reichtum“ zurückbringen. Erreicht hat er bisher allerdings nur das Gegenteil: Die Börsenkurse stürzen fast täglich weiter ab, die Inflation lässt die Lebenshaltungskosten der Menschen spürbar steigen.

Diese Entwicklung könnte sich nun weiter verschärfen: Steigende Zölle verteuern den internationalen Handel, schaffen Unsicherheit auf den Märkten, treiben die Verbraucherpreise in die Höhe und bremsen das Wirtschaftswachstum. Nach Trumps Zoll-Ankündigung brachen die Börsen weltweit ein.

Doch davon lässt sich Trump offenbar nicht beirren – noch nicht. Zuletzt verhängte er bereits Zölle auf alle Aluminium- und Stahlimporte aus dem Ausland sowie auf importierte Autos und Autoteile. Als einen seiner Hauptfeinde hat er die Europäische Union ausgemacht. Dabei ist sie der wichtigste Handelspartner der USA. Woche für Woche wettert der 78-Jährige gegen die EU, weil sie mehr Waren in die USA exportiere als US-Produkte importiere. Die Milliardengewinne amerikanischer Technologiekonzerne in Europa will Trump bei dieser Rechnung allerdings nicht berücksichtigen.

EU will hart zurückschlagen

Die EU sieht sich gezwungen, zeitnah auf die Zölle zu antworten. „Wir arbeiten bereits an der Fertigstellung eines ersten Pakets von Gegenmaßnahmen als Reaktion auf die Strafzölle“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die US-Zölle seien ein „schwerer Schlag für die Weltwirtschaft“. Millionen von Menschen würden mit höheren Lebensmittelrechnungen konfrontiert und Medikamente teurer werden. „Dies schadet vor allem den wirtschaftlich schwächsten Bürgerinnen und Bürgern. Auch die Unternehmen - große und kleine - werden vom ersten Tag an leiden.“ Es sei noch nicht zu spät für Verhandlungen, betonte sie.

Um eine Eskalation in letzter Minute noch abzuwenden, war EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič erst in der vergangenen Woche in die USA gereist. Nach Informationen dieser Redaktion soll er US-Vertretern in „intensiven Gesprächen“ angeboten haben, die EU-Importzölle auf amerikanische Autos zu senken, wenn diese im Gegenzug ihre Autozölle zurücknehmen. Die US-Regierung sei aber offenbar gar nicht an einem Deal interessiert gewesen. „Sie wollen den großen Knall“, sagte ein EU-Diplomat.

Meinung: Darum muss die EU jetzt den Druck massiv erhöhen

Auf zwei großen Karten hatte Trump aufgelistet, wie hoch die Zölle der „schlimmsten Übeltäter“ inklusive Handelshemmnissen wie Steuern und Währungsmanipulationen seien. Wie seine Mitarbeiter die astronomisch hohen Zahlen berechnet haben, ist nicht bekannt. Aber die Höhe der US-Vergeltungszölle würden nur halb so hoch ausfallen, erklärte Trump gönnerhaft im Rosengarten. „Wir sind gute Menschen.“

Neue Maßnahmen der EU gegen die USA

„Die Zahlen, auf denen Trumps Berechnungen basieren, sind absurd und völlig willkürlich. So liegt der durchschnittliche Zoll der EU auf US-Waren beispielsweise unter 2 Prozent“, sagte die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne). Europas Antwort müsse die amerikanische Wirtschaft dort treffen, wo es Trump am meisten wehtue, wie bei digitalen Diensten oder bei Produkten aus tief Trumpschen Wahlkreisen. Wirtschaftsminister Robert Habeck warnte: „Die US-Zoll-Manie kann eine Spirale in Gang setzen, die auch Länder in die Rezession reißen kann und weltweit massiv schadet.“

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Für die deutsche Wirtschaft ist es ein schwarzer Tag. „Mit drastischen Zollanhebungen für mehr als 100 Handelspartner stürzt der amerikanische Präsident mit einem amerikanischen Brexit die Welt in einen offenen Handelskrieg“, sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel (BGA). „Ich gehe davon aus, dass der Konflikt unser Wirtschaftswachstum erheblich beeinträchtigen wird.“ Ökonomen des Ifo-Institus rechnen für Deutschland mit einem dauerhaften Rückgang des Wachstums um 0,3 Prozent. Bestimmte Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau seien aber stärker betroffen.

Trumps neuste Ankündigungen sind so weitreichend, dass aus Sicht der EU-Kommission die bereits eingeleiteten Gegenzölle allein nicht ausreichen. In Kürze sollen daher weitere konkrete Maßnahmen verkündet werden. „Eine EU-Digitalsteuer träfe Trumps enge Unterstützer ins Mark“, so die EU-Abgeordnete Cavazzini. Außerdem habe die EU die Möglichkeit, den Zugang zu europäischen Banken-, Versicherungs- und Kapitalmärkten für amerikanische Unternehmen zu beschränken, US-Bieter von öffentlichen Aufträgen der EU auszuschließen oder Werbung auf US-Plattformen für soziale Medien zu beschränken. „So entsteht innenpolitischer Druck in den USA, diesen Zollwahnsinn zu stoppen“, hofft die Handelspolitikerin. Denn verhandeln wolle der Republikaner freiwillig gar nicht, daher seien jetzt „harte Maßnahmen“ nötig. „Eine weitere Eskalation von unserer Seite ist wichtig, um Stärke zu zeigen und eine gute Verhandlungsposition zu haben.“

Was bezweckt Trump wirklich mit den Zöllen?

Beobachter gehen davon aus, dass Trump mit den Zöllen drei zentrale Ziele verfolgt:

  • So dienen ihm Zölle als zusätzliche Einnahmequelle, um seine teuren Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Er will mit den Zöllen etwa die Einkommenssteuer ersetzen.
  • Zum anderen setzt Trump Zölle gezielt als Verhandlungsmasse ein, um andere Länder unter Druck zu setzen. Von Europa könnte er verlangen, EU-Gesetze gegen Hass und Hetze auf Online-Plattformen abzuschwächen oder nicht anzuwenden.
  • Vor allem aber sollen höhere Importzölle ausländische Produkte verteuern, damit US-Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und ausländische Unternehmen ihre Produktion verstärkt in die USA verlagern. Davon soll vor allem die Industrie profitieren, etwa in den Bereichen Stahl, Aluminium und Automobilbau.
Unter anderem Vize-Präsident J.D. Vance hörte Trumps Rede im Rosengarten des Weißen Hauses zu. - © Evan Vucci/AP/dpa
Unter anderem Vize-Präsident J.D. Vance hörte Trumps Rede im Rosengarten des Weißen Hauses zu. | © Evan Vucci/AP/dpa

„Man kann nicht die heimische Produktion stärken, indem man Importe reduziert und die Zölle als Einnahmequelle und Ersatz für die Einkommenssteuer nutzt - diese Rechnung geht nicht auf“, sagte Wirtschaftsexpertin Penny Naas vom German Marshall Fund dieser Redaktion. „Es ist wahrscheinlich, dass große Handelspartner Vergeltungsmaßnahmen ergreifen werden – bei kleineren Handelspartnern sind Verhandlungen wahrscheinlicher.“

Der Ökonom Fabian Zuleeg vom European Policy Centre in Brüssel spricht von „offensichtlicher ökonomischer Unkenntnis“. Die USA würden die Zölle gegen Europa nicht als wirtschaftliches Instrument sehen, sondern als Mittel der Bestrafung und Vergeltung. „Die Zölle sollen die EU abschrecken und handlungsunfähig machen“, so Zuleeg. „Folgt man dieser schrägen Logik, sind die Reaktionen der EU weitere feindselige Handlungen, die nach mehr Strafen verlangen und unweigerlich zu einer weiteren Eskalation führen“, warnt der Ökonom. Wenn ein Handelskrieg nicht die gewünschten Ergebnisse bringe, würden weitere Drohungen oder Maßnahmen in anderen Politikfeldern folgen, auch im Sicherheitsbereich.