Wie die Angst vor der Zukunft das Wahlverhalten der Jugend prägt

&bdquo;Es gibt unglaublich viele Missverständnisse über junge Wähler und was sie eigentlich wollen“, sagt Psychologe Rüdiger Maas über die Ergebnisse der Jugendwahlstudie des von ihm gegründeten Instituts für Generationenforschung. Es sei ein falsches Bild über die Erstwählergeneration entstanden. Im Grunde müsse Politik neu gedacht werden. Welche Erkenntnisse führen den Forscher zu diesen Aussagen? Auf Basis von repräsentativen Umfragen und qualitativen Befragungen zeichnet die &bdquo;Jugendwahlstudie 2025? das Bild einer jungen Generation, die sich signifikant von ihren älteren Mitmenschen unterscheidet und deren Bedürfnisse oftmals nicht wahrgenommen werden. Die daraus resultierenden Verschiebungen sind schon jetzt sichtbar: Wählten junge Menschen vor einigen Jahren noch in großer Zahl die Grünen, konnte bei der vergangenen Bundestagswahl besonders die FDP einen großen Erfolg bei Jungwählern verbuchen. Aktuelle Umfragen sagen einen hohen Zuspruch für die AfD voraus. Vergleichen Sie: Die Shell-Jugendstudie 2024 – Rechtstrend bei jungen Männern? Was hat zum Wandel von Grün zu Blau geführt? Für Psychologe Maas ist ein zentraler Aspekt bei dieser Veränderung die Angst. Ein wesentlicher Teil der Untersuchung hat sich mit dem Phänomen der Angst bei der Generation Z beschäftigt. Ängste wirkten sich stark auf die politischen Präferenzen von jungen Wählern aus, so das Ergebnis. Deren Ursachen würden allerdings völlig falsch verortet: &bdquo;Das hat nicht so viel mit Corona und Ukraine-Krieg zu tun, wie viele meinen“, erklärt Maas. Nicht die Polykrisen selbst seien das Problem, sondern der Umgang mit ihnen. Davor haben junge Menschen Angst Bei vielen jungen Menschen komme vor allem eines an: Alles ist schlecht. Schwindende Rente, immer teurere Lebensmittel und steigende Mietkosten, dysfunktionale Regierungen und eine unsichere Zukunft sind die Treiber der Angst. Das bringt permanenten Stress und Sorgen. Über 40 Prozent der Befragen aus der Generation Z haben angegeben, dass es nichts gibt, was ihnen Hoffnung bereitet. Einen wichtigen Grund für den steigenden Einfluss von Angst sehen die Forscher in der Passivität der Erstwählergeneration. Die Verantwortung werde verstärkt auf Eltern, Institutionen, den Staat, Parteien oder auch Bewegungen übertragen. Das führt zu etwas, das in der Jungendwahlstudie Neo-Konventionalismus genannt wird: Statt eine für die Jugend zu erwartende rebellische Haltung einzunehmen, sind Erstwähler zunehmend konformistisch eingestellt und übernehmen Narrative und Werte immer öfter von älteren Generationen beziehungsweise den eigenen Eltern. Der Einfluss von Social Media Diese wachsende Erwartungshaltung verändere das Politikverständnis der Erstwähler nachhaltig. Ihre Ängste drehten sich besonders um das eigene Wohlergehen und die Furcht davor, den eigenen Wohlstand zu verlieren. Gefüttert werden diese Sorgen vor allem dort, wo junge Wählergruppen ohnehin alltäglich viel Zeit verbringen. &bdquo;Die Ängste sind statistisch gesehen irrational, aber wenn man das über Social Media 400-mal am Tag gespielt bekommt, ergibt es Sinn“, sagt Maas. Lesen Sie auch: Wie die AfD mit KI-Bildern Stimmung macht – auch andere Parteien nutzen KI Social Media sei ein wichtiger, aber häufig unterschätzter Faktor für Parteien, um ihre Botschaften an die potenziellen Wähler zu bringen. Genutzt wird dieses Instrument jedoch viel zu selten von der politischen Mitte. &bdquo;Es fehlt ein Navigator, der junge Menschen mitnimmt, und deswegen wirken populistische Narrative erlösend“, erläutert Rüdiger Maas das Phänomen. &bdquo;Junge Menschen fühlen sich in den Wahlprogrammen nicht mitgenommen. Sie nehmen ihre Informationen über Social Media auf.“ Doch Politikern wird die digitale Kompetenz von der Generation Z generell abgesprochen. Über 72 Prozent bewerten die digitalen Fähigkeiten deutscher Politiker als &bdquo;schlecht“ oder &bdquo;sehr schlecht“. AfD nutzt die Lücke in den Sozialen Medien Diese Lücke nutzt insbesondere die AfD. Sie wird am ehesten in den sozialen Netzwerken wahrgenommen und kann ihre Themen breit streuen und ohne Korrektiv darstellen. 55 Prozent der Erstwähler sind der Meinung, dass die AfD die meisten Menschen in den sozialen Medien erreicht. Unterstützt werde sie von Promotern, die Inhalte der Partei posten. Durch ihre Omnipräsenz werde die Partei von jungen Wählern auch immer stärker als Partei der Mitte wahrgenommen. Doch das ist nicht die einzige Erklärung für den Erfolg. &bdquo;Die Gründe für die Verschiebung sind multikausal und deswegen ist es eher normal für junge Menschen, auch extremer zu wählen“, sagt Rüdiger Maas. Lesen Sie auch: Jugendforscher Klaus Hurrelmann: &bdquo;Die AfD punktet in der jungen Generation“ Auch in Zukunft wird die Demokratie weiter unter Druck stehen, meint Co-Studienleiter und Zukunftsforscher Hartwin Maas. Nicht nur wird die demografische Entwicklung den Einfluss der heutigen Erstwähler für die kommenden Wahlen erhöhen, auch ihre Perspektive könnte durch Künstliche Intelligenz und Bots weiter verzerrt werden. &bdquo;Die Vorurteile des Analogen werden im Digitalen sich potenzieren, während KI zunehmend unkritisch akzeptiert wird“, erklärt Maas. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass junge Menschen zu mehr Eigenverantwortung und weniger Passivität ermuntert werden müssen.

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