Berlin (dpa). Es waren mal wieder Marathonverhandlungen bis in den frühen Morgen. Nun aber steht eine Einigung auf einen Bundeshaushalt und ein Wachstumspaket. Am Freitagvormittag gaben die Chefverhandler Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (B90/Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) Details zum neuen Bundeshaushalt bekannt.
So wird unter anderem das Kindergeld erhöht, der Kinderfreibetrag angepasst und der Verteidigungsetat bekommt weniger Geld als von Minister Pistorius gefordert. Die Ergebnisse im Überblick:
Kindergeld steigt um fünf Euro

Die Ampel-Koalition hat sich auf eine Erhöhung des Kindergelds um fünf Euro im kommenden Jahr geeinigt. Demnach soll auch der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien im Bürgergeld im kommenden Jahr um fünf Euro erhöht werden.
Dieser Betrag soll von bislang 20 Euro dann auf 25 Euro steigen und mit der Einführung der Kindergrundsicherung auslaufen. Das Kindergeld, das alle Eltern in Deutschland pro Kind erhalten, steigt der Einigung zufolge dann auf 255 Euro monatlich.
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Kinderfreibetrag wird um 228 Euro angehoben
Änderungen gibt es auch beim Kinderfreibetrag. Der soll noch in diesem Jahr um 228 Euro auf 9.540 Euro angehoben werden. Im kommenden Jahr dann noch mal um 60 Euro auf dann 9.600 Euro. Der Freibetrag wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und wirkt sich deshalb für Familien steuermindernd aus.
„Wir haben ein großes Paket gepackt, um Kinder und Familien zu unterstützen“, sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch. „Kinder von Eltern mit kleinen Einkommen und Kinder in der Grundsicherung bekommen deutlich mehr Unterstützung. Dafür wollen wir zusätzliche Milliarden Euro einstellen.“
Bund stellt vier Milliarden Euro für Kitas bereit
Neben den Erhöhungen bei den Zahlungen an Familien sind Investitionen des Bundes von jeweils zwei Milliarden Euro im Jahr 2025 und 2026 in die Kita-Qualität geplant. Die Mittel für Freiwilligendienste sollen auf dem Niveau bleiben, wie sie bis Ende 2023 von den Trägern abgerufen wurden.
Im Bundesfamilienministerium zeigt man sich zufrieden. Aus Ministeriumskreisen heißt es, die Etat-Verhandlungen seien für Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Zusammenspiel mit Vizekanzler Robert Habeck in einem herausfordernden Umfeld erfolgreich verlaufen. Es gebe ein starkes Kinderpaket mit finanzieller Unterstützung für armutsgefährdete Kinder und Familien, zugleich werde deutlich in die Kita-Qualität investiert.
Der Kinder- und Jugendplan und die Demokratieförderung würden auf dem gleichen hohen Niveau ohne Abstriche fortgeführt und für die Freiwilligendienste seien mehr Mittel gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung herausgeholt worden.
Verteidigungsetat wächst nur um etwa 1,2 Milliarden Euro
Für die Bundeswehr soll im Haushalt für das kommende Jahr deutlich weniger zusätzliches Geld bereitgestellt werden als von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gefordert. Nach der Einigung der Ampel-Spitzen soll der Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro nur um etwa 1,2 Milliarden Euro aufwachsen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Koalitionskreisen in Berlin erfuhr.
Pistorius hatte mehr und eine Ausnahme dieser Ausgaben von der Schuldenbremse gefordert. „Wir reden von 6,5 bis 7 Milliarden Euro Zusatzbedarf für das kommende Jahr. Der Mehrbedarf wird auch in den Jahren danach weiter aufwachsen, weil das Sondervermögen schon ab Ende dieses Jahres vertraglich gebunden und damit ausgeschöpft sein wird“, hatte er im Mai am Rande eines Besuchs in den USA gefordert. Und: „Wir müssen uns ehrlich machen: Ab 2028 wird eine nicht unbeträchtliche zweistellige Milliardenbetragserhöhung nötig sein.“
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Im Jahr 2028 ist das sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr mit einem 100-Milliarden-Euro-Topf ausgegeben, aber für das nächste Jahr wollte Pistorius deutliche Erhöhungen im regulären Verteidigungsetat, weil das Geld dann verplant ist und keine weiteren Handlungsspielräume bestehen. Er hatte vor einem drohenden „Rüstungsstopp“ gewarnt.
Das ist für Unternehmen geplant
Es soll beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage geben. Außerdem will die Ampel Bürokratie abbauen. In allen Ministerien sollen verbindlich Praxischecks eingeführt werden. Für gewerblich genutzte E-Autos soll es Sonderabschreibungen geben. Der Datenschutz solle «entschlackt» werden, um vor allem kleine Unternehmen zu entlasten. Die europäische Lieferkettenrichtlinie soll schnell in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei geht es vor allem darum, Berichtspflichten zu verringern, denn ein deutsches Gesetz gibt es schon.
Das ist für Arbeitnehmer geplant
Anreize für mehr Beschäftigung - das ist angesichts eines zunehmenden Fachkräftemangels das Ziel der Ampel. Mehr Beschäftigung bedeutet auch, die Sozialkassen werden entlastet.
Für viele dürfte interessant sein, dass eine Steuerfreiheit für Überstunden eingeführt werden soll. Was konkret geplant ist, ist aber noch offen.
Daneben ist geplant: Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sollen Beschäftigten, die schon eine Rente beziehen, in Zukunft direkt als Lohn ausgezahlt werden. Das soll einen Anreiz geben, damit Rentner freiwillig länger arbeiten.
Im Bürgergeld soll eine „Anschubfinanzierung“ eingeführt werden, wie es in einem Papier heißt. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem Bürgergeldbezug herauskommen, sollen sie im ersten Jahr nun deutlich mehr von ihrem Verdienst behalten, ohne dass dies etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.
Das sagen die Partei- und Fraktionsspitzen zum Haushalt 2025
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Keine Kürzungen bei der Polizei, weniger Geld für Integrationskurse
Laut Faeser soll es auch im kommenden Jahr erneut 1000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten bei der Bundespolizei geben. Lindner kündigte rund eine Milliarde Euro mehr als bisher vorgesehen für die Sicherheitsbehörden an. Auch der Katastrophenschutz, das Technische Hilfswerk (THW) und der Zoll sollen nach Regierungsangaben besser ausgestattet werden. „Das dient dem Schutz vor Kriminalität, vor Extremismus, vor Cyberattacken und anderen inneren und äußeren Bedrohungen, sagte Faeser.
Die Polizeibehörden von Bund und Ländern haben 2023 so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht mehr. Bundesweit wurden laut Statistik des Bundeskriminalamtes rund 5,94 Millionen Straftaten erfasst. Das sind 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Ohne ausländerrechtliche Verstöße lag der Anstieg bei 4,4 Prozent. Im Jahr 2022 war der Anstieg der Kriminalität sogar noch höher gewesen: Damals hatte die Polizei rund 5,63 Millionen Straftaten registriert, was einem Plus von 11,5 Prozent entsprach.
Gespart werden soll nach Angaben aus Regierungskreisen vor allem bei den Integrationskursen. Dafür war im Haushalt 2024 mehr als eine Milliarde Euro eingestellt worden. Im kommenden Jahr soll hier ein dreistelliger Millionenbetrag eingespart werden. In den Kursen lernen Zugewanderte Deutsch und bekommen Grundlegendes zur deutschen Geschichte und Gesellschaft vermittelt. Niedriger fällt außerdem der Betrag aus, den der Bund 2025 in die Digitalisierung der Verwaltung investieren will.
44 Milliarden Euro neue Schulden
Die Bundesregierung plant zudem im kommenden Jahr mit neuen Schulden in Höhe von 44 Milliarden Euro. Dies geschehe im Rahmen der Schuldenbremse, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin. Geplant seien Ausgaben von 481 Milliarden Euro, davon 57 Milliarden Euro an Investitionen. Es handle sich „mitnichten“ um einen Sparhaushalt. Es sei jeder Stein im Haushalt umgelegt worden, wo Ausgaben verringert werden könnten.
Durch den geplanten Nachtragshaushalt 2024 steige die Nettokreditaufnahme im Rahmen der Schuldenbremse auf 50,5 Milliarden Euro. Es würden keine Rücklagen für 2025 gebildet.
Lindner sagte mit Blick auf die wochenlangen Verhandlungen, er habe ausgerechnet, dass er sich 23 Mal mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) getroffen, sie hätten insgesamt 80 Stunden beraten.
Entlastungspaket soll Wachstum ankurbeln
In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Die Regierung will nun gegensteuern und plant umfassende Entlastungsmaßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Wachstumspaket könne im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen, das seien 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung.
Koalitionsspitzen im Haushaltsstress
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten bis in den frühen Morgen über den Haushalt verhandelt. Ein Kabinettsbeschluss soll nun am 17. Juli gefasst werden. Anschließend muss sich der Bundestag mit den Plänen befassen, bevor der Haushalt im November oder Dezember beschlossen werden könnte.
Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium wollten Sparvorgaben Lindners mit Blick auf internationale Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden Euro, die geschlossen werden musste.
Vor allem die SPD drang mit Blick auf finanzielle Belastungen durch den Ukraine-Krieg, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kam das nicht infrage. Die SPD lehnte Kürzungen im Sozialetat ab.
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