Cannabislegalisierung: Verkehrsrecht soll THC-freundlicher werden

Das Gesundheitsministerium will den THC-Grenzwert für den Straßenverkehr überprüfen lassen. Aktuell ist der Führerschein in Gefahr, sobald geringste Werte im Blut nachweisbar sind. Das muss sich ändern, sind sich die Fraktionen der Ampelkoalition einig. Mit der Legalisierung von Cannabis könnten sich auch die Regelungen fürs Autofahren ändern - die Fraktionen diskutieren zurzeit über einen neuen THC-Grenzwert für den Straßenverkehr. In seinen Eckpunkten zur Cannabislegalisierung hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch eine Überprüfung der erlaubten Blutwerte für den Schiffs-, Flug- und Straßenverkehr veranlasst. Aktuell zählt der niedrigste im Blut messbare Wert bereits als Drogenfahrt. Die Ampel-Fraktionen wollen, dass sich das ändert. Autofahrende, die in Deutschland Cannabis konsumieren, müssen derzeit damit rechnen, den Führerschein zu verlieren. Das kann nach jeder Polizeikontrolle passieren, auch wenn der letzte Joint schon tagelang her ist. Grund sind die extrem niedrigen THC-Werte, die Betroffene maximal im Blut haben dürfen: 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blutserum sind maximal erlaubt. Fraktionen: Der aktuelle Grenzwert ist zu niedrig Berauscht fahren muss verboten bleiben, da sind sich alle Fraktionen einig. Die aktuelle Regelung dürfe aber so nicht bleiben, findet Jürgen Lenders, FDP-Bundestagsabgeordneter und Berichterstatter der Fraktion für Straßenverkehrsrecht. &bdquo;Der aktuelle THC-Grenzwert ist de facto ein Null-Grenzwert. Das halte ich mit Blick auf die Rechtsprechung für problematisch“, sagte Lenders dieser Redaktion. Die Festlegung von Grenzwerten über dem aktuellen THC-Grenzwert sei notwendig. Der neue Wert müsse &bdquo;wissenschaftlich untermauert und unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit abgewogen werden.“ Darauf pocht auch Swantje Michaelsen von der Grünen-Bundestagsfraktion. Mit der aktuellen Regelung würden Cannabis-Konsum auch dann mit Führerscheinentzug bestraft, wenn keinerlei Wirkung mehr vorliege. &bdquo;Spätestens mit der Legalisierung muss deswegen eine Überarbeitung der Regelungen und Grenzwerte vorgelegt werden“, sagte sie der Redaktion. &bdquo;Diese muss Verkehrssicherheit als oberstes Ziel haben und deshalb an der Überprüfung der Fahrtauglichkeit ausgerichtet werden“, betont Michaelsen. Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), sagt: &bdquo;Viel zu lange wurden Menschen kriminalisiert.“ Einigen sei der Führerschein abgenommen worden, nur weil sie Cannabis mit sich geführt hätten. Damit würden auch berufliche Existenzen auf dem Spiel stehen. Niederlande könnte Orientierung geben Auch die SPD-Bundestagsfraktion fordert eine neue Regelung: &bdquo;Eine Orientierung etwa am Verkehrsgerichtstag, der eine Größenordnung wie die Niederlande vorschlägt, mag sinnvoll sein“, sagt Christos Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion. Experten des Verkehrsgerichtstags in Goslar empfahlen im vorigen Jahr, den THC-Grenzwert &bdquo;angemessen heraufzusetzen“. In den Niederlanden liegt der Grenzwert für THC am Steuer bei 3,0 Nanogramm pro Milliliter Blut. Aktuell können die Führerscheinstellen nach einem positiven THC-Test eine sogenannte Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Knapp die Hälfte fällt hier durch und kann sich bis auf Weiteres von ihrem Führerschein verabschieden. Der Frankfurter Verkehrspsychologe Patrick Grieser bereitet seine Mandanten auf eine solche Untersuchung vor. Früher war er selbst als MPU-Gutachter tätig. &bdquo;Einen Grenzwert für das Steuern von Autos festzulegen, ist bei Cannabis wesentlich schwieriger als bei Alkohol“, sagt er. Denn der Abbau von Cannabis im Körper und der Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit hänge von vielen Faktoren ab. &bdquo;Es gibt nicht wie bei Alkohol eine Faustformel, mit der sich der Wert relativ genau berechnen lässt, einige Cannabis-Konsumenten rauchen vier Joints und werden direkt danach mit knapp drei Nanogramm THC im Blut erwischt, andere liegen mehrere Tage nach einem einzigen Joint bei diesem Wert“, sagt er der Redaktion. Das sei auch vom THC-Gehalt des Joints abhängig, der oft schwer zu bestimmen sei. Auch er ist für eine moderate Erhöhung des Grenzwertes: &bdquo;Einen Wert von zwei Nanogramm halte ich noch für vertretbar“, sagt er. Allerdings sieht er im Zuge der Cannabis-Legalisierung ein anderes Problem: &bdquo;Die Leute können ein Bier oft nicht von einem Joint trennen, drei Stunden nach dem Kiffen fühlen sich viele wieder fahrtüchtig“, sagt er. In den USA hätte die Zahl der Verkehrstoten im Zusammenhang mit Cannabis nach der Legalisierung rapide zugenommen. Dem Problem allein mit Suchtprävention zu begegnen, sei ein Schnellschluss. &bdquo;Da sehe ich die Legalisierung in Deutschland noch nicht als gut durchdacht“, sagt er.

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