
Düsseldorf/Berlin. Die Ampel-Koalition hat finanzielle Entlastungspakete auf den Weg gebracht, um die Menschen angesichts steigender Preise und Energiekosten zu unterstützen. Die Einschätzungen, wie wirkungsvoll die Hilfen sind und was in den kommenden Wochen nötig ist, gehen auseinander.
Ein aktueller Diskussionspunkt ist die Frage, ob besonders gewinnträchtige Unternehmen der Gas-, Öl- und Strombranche extra besteuert werden sollen. Hier ist sich auch die Ampel nicht einig. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir mit dem Wahlkreis Minden-Lübbecke ist der Meinung, dass man eine Übergewinnsteuer der Mineralölkonzerne „ernsthaft“ diskutieren solle. „Diejenigen, die von der Krise am meisten profitieren, sollten nun auch Verantwortung übernehmen“, so Gambir.
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar sowie die SPD-Landtagspolitikerin Christina Kampmann sprechen sich für die Übergewinnsteuer aus – auch, wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) „dies noch immer nicht hören will“, so Esdar. Kampmann sieht nicht nur die Ampel-Koalition in der Pflicht. Es reiche nicht aus, wenn NRW mit dem Finger auf Berlin zeige. Das Land müsse selber Verantwortung übernehmen und Familien entlasten, indem es zum Beispiel die Kita-Gebühren zumindest zeitweise abschaffe, so Kampmann. Wo steigende Heizkosten nicht mehr bezahlt werden können, brauche es zudem einen Kündigungsschutz für Mieter.
CDU: "Wir erleben Chaos-Tage"
Der CDU-Landtagsabgeordnete Raphael Tigges aus Gütersloh kritisiert: „Jede Woche gibt es neuen Streit in der Scholz-Regierung.“ Die Regierung unternehme viel zu wenig und handele zu spät, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Zudem seien die Hilfen sozial ungerecht. „Nehmen wir die Energiepauschale, die Erwerbstätige erhalten, während Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende leer ausgehen“, so Tigges. Sein Parteikollege Christian Haase aus Höxter wird noch deutlicher. Die Bundesregierung habe Milliarden ausgegeben, aber wenig erreicht. Rentner und Haushalte mit wenig und mittleren Erwerbseinkommen seien genauso vergessen worden wie der ländliche Raum, der Mittelstand und das Handwerk. „Stattdessen erleben wir Chaostage und Streit in der Ampel-Koalition. Das ganze Land wird verunsichert und steuert auf eine Rezession zu“, so Haase. Es brauche breite steuerliche Entlastungen bei der Einkommens-, Energie- und der Mehrwertsteuer auf Energieleistungen, so Haase.
Und wie geht es weiter? Grünen-Politikerin Gambir plädiert für „strukturelle Entlastungen“ wie mehr Kindergeld, Wohngeld und eine erneute Energiepauschale. Es sei gut, dass der Schutzschirm für Unternehmen verlängert werde, so Gambir. „Davon profitieren mittelständische Unternehmen, die aufgrund der hohen Preise sonst in Schwierigkeiten geraten.“
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Norika Creuzmann sagt, dass sich das Prinzip „Gießkanne“ nicht eignet, da so Steuermilliarden auch an Wohlhabende fließen. Wichtiger sei es, kleine und mittlere gezielt Einkommen zu entlasten, um Kindern Teilhabe zu ermöglichen.
SPD-Politikerin Kampmann für Fortführung von 9-Euro-Ticket
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler begrüßt, dass das Kindergeld im Folgejahr angepasst werden soll. Dies sei ein „richtiges Signal“. Laut Schäffler soll das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition die „Mitte der Gesellschaft“ mit rund zehn Milliarden Euro entlasten. „Das ist bei der hohen Inflation notwendig.“
Esdar ist der Meinung, dass die bisherigen Pakete wirken. Sie verweist darauf, dass neben dem 9-Euro-Ticket, dem 100 Euro Kinderbonus und der Abschaffung der EEG-Umlage auch die 300-Euro-Energiepauschale ausgezahlt wird. Es brauche künftig dringend weitere Direktzahlungen, sagt die Bielefelder SPD-Chefin. Esdar hält es für „offen“, ob die Schuldenbremse eingehalten werden kann. Für Kontroversen sorgt das 9-Euro-Ticket. Während die NRW-Verkehrsverbünde eine Fortführung eher kritisch sehen, fordert SPD-Politikerin Kampmann eine Weiterentwicklung, damit es auch über den August hinaus zur Verfügung stehe.