Pandemie

Kassenärzte-Chef: Corona-Maßnahmen vor neuer Festlegung erst überprüfen

In der Ampelkoalition wird darüber gestritten, welche Schutzmaßnahmen für den Herbst festgelegt werden. KBV-Chef Andreas Gassen fordert zunächst eine Evaluierung der bisherigen Konzepte.

Das Lockdown-hin-und-her belastet Familien stark und trifft die Jüngsten hart. Deshalb sollten neue Maßnahmen gut abgewogen werden, findet der Kassenärzte-Chef. | © Foto: Andreas Zobe/NW

Tim Szent-Ivanyi
07.06.2022 | 07.06.2022, 06:00

Kassenärzte-Chef Andreas Andreas Gassen hat die Ampelkoalition aufgefordert, vor der Festlegung neuer Corona-Maßnahmen für den Herbst die Wirksamkeit der bisherigen Schutzkonzepte zu überprüfen. „Vor einer Festlegung auf Maßnahmen muss zunächst einmal eine Evaluation erfolgen. Was haben die ergriffenen Maßnahmen der vergangenen mehr als zwei Jahre gebracht?“, sagte Gassen dieser Redaktion.

Natürlich sei es richtig, Pläne für den Herbst zu entwickeln. Das sei schon deshalb notwendig, um zu vermeiden, die Schulen erneut zu schließen. Hohe Infektionszahlen alleine dürften aber nicht die Grundlage für die Ergreifung von Maßnahmen sein, etwa einer erneuten Maskenpflicht, warnte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

„Hohe Infektionszahlen haben wir aktuell immer noch, doch die Erkrankungsverläufe sind glücklicherweise überwiegend leicht beziehungsweise die Betroffenen merken es sogar nicht einmal“, betonte Gassen. Grundlage einer Entscheidung pro Maskenpflicht müsse beispielsweise das Auftreten neuer Virusvarianten sein, deren Auswirkungen erst noch unbekannt seien, so der Mediziner.

„Wir verlieren wertvolle Zeit“

Gassen kritisierte, dass die neue Coronavirus-Impfverordnung nur bis 25. November verlängert worden sei. Er plädierte für eine Verlängerung bis zum 31. März 2023. „Der rechtliche Rahmen dieser Verordnung macht es leichter, schnell auf Änderungen des Impfanspruchs etwa im Falle des Auftretens einer neuen Virusvariante zu reagieren“, argumentierte er.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) warf der Ampelkoalition vor, mit ihren Differenzen über die Ausgestaltung des Infektionsschutzgesetzes wertvolle Zeit zu vergeuden. „Statt die Dinge zu regeln und reibungslose Abläufe zu ermöglichen, stiftet die sogenannte Ampel in Berlin Verwirrung, Verunsicherung und Stillstand“, sagte Holetschek dieser Redaktion. „Bei den Vorbereitungen auf einen sicheren Corona-Herbst müssen die Länder und Kommunen in ganz Deutschland zuschauen, wie sich die Koalitionspartner in Berlin beharken. Wir verlieren wertvolle Zeit“, warnte der CSU-Politiker.

In der Ampel wird über die richtige Vorbereitung auf den Herbst gestritten. Grünen-Chef Omid Nouripour hatte zuletzt eine rasche Änderung des Infektionsschutzgesetzes gefordert, um für die kältere Jahreszeit vorbereitet zu sein. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki erinnerte daraufhin daran, dass es einen gesetzlichen Auftrag gebe, Corona-Maßnahmen zunächst zu evaluieren. Nur auf der Grundlage eines entsprechenden Berichtes könnten evidenzbasierte Entscheidungen getroffen werden.