Fragen und Antworten

Finnland und Schweden wollen in die NATO - warum und wie das geht

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine treibt die beiden nordischen Länder in die Arme der Nato. Doch sicher ist die Aufnahme längst nicht. Eine Übersicht.

Die Flaggen Finnlands (l-r), der Nato und Schwedens stehen bei einer Zeremonie anlässlich der Überreichung der Nato-Beitrittsanträge Schwedens und Finnlands in Brüssel. Botschafter der beiden Länder übergaben Nato-Generalsekretär Stoltenberg am Mittwochmorgen in der Brüsseler Bündniszentrale die entsprechenden Dokumente. | © Johanna Geron/Reuters Pool/AP/dpa

18.05.2022 | 18.05.2022, 12:10

Brüssel (jw/AFP/dpa). Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben Schweden und Finnland nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität am Mittwoch offiziell die Aufnahme in die NATO beantragt. Die Türkei ist allerdings dagegen.

Bereits seit der vergangenen Woche wird über den möglichen NATO-Beitritt der beiden skandinavische Länder diskutiert. Jetzt soll es plötzlich ganz schnell gehen. Kein Wunder also, dass auch das Interesse der Deutschen an dem Thema zugenommen hat. Ein Blick in die Trends bei Google zeigt, dass die Deutschen diverse Fragen rund um den Beitritt googeln. So wird in den vergangenen Tagen zu 450 Prozent öfter nach den Schlagworten "norwegen nato beitritt wann" gesucht.

Was ist die NATO?

Die zu Beginn des Kalten Kriegs gegründete NATO hat sich über die Jahrzehnte zum größten Militärbündnis der Welt entwickelt. 1949 wurde sie von zehn westeuropäische Länder, der USA und Kanada, gegründet, um der Bedrohung durch die Sowjetunion zu begegnen. Sie verpflichteten sich zum gegenseitigen Beistand im Falle eines Angriffs ("Bündnisfall"). Nach und nach wurde die Allianz in den folgenden Jahren erweitert und umfasst derzeit 30 Mitglieder.

Mit Beginn des Krieges in der Ukraine liefern NATO-Mitgliedstaaten der Ukraine militärische Ausrüstung. Doch die Allianz weigert sich, Truppen zu entsenden und eine Flugverbotszone durchzusetzen, um nicht zur Kriegspartei zu werden. Ende März verstärkt die NATO ihre Ostflanke mit neuen Gefechtsverbänden in Bulgarien, Rumänien, Ungarn und der Slowakei.

Warum wollen Finnland und Schweden in die NATO?

Grund für Schwedens und Finnlands Beitrittswunsch sind Sicherheitssorgen wegen des russischen Einmarschs in das Nachbarland. Beide Staaten haben bisher jahrzehntelang entschieden eine Politik der militärischen Bündnisfreiheit verfolgt. Darum ist die Nato-Beitrittskandidatur für die beiden nordischen Länder eine Zäsur.

Auch für die NATO beginnt eine neue Phase, denn damit wird sich die Grenze des Bündnisgebiets mit Russland in etwa doppelt so lang. Alleine Finnland hat eine rund 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland. Solange Finnland und Schweden den Beitrittsprozess nicht abgeschlossen haben, genießen sie keinen Schutz unter dem Beistandsartikel fünf der NATO. Großbritannien und andere Mitgliedsländer hatten deshalb Sicherheitsgarantien für die nordischen Staaten ausgesprochen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat "Unterstützung zum gegenseitigen Schutz" zugesagt.

Wie schnell können sie in die NATO kommen?

Die NATO hat Finnland und Schweden eine Aufnahme im Schnellverfahren in Aussicht gestellt. Für den Beitritt Finnlands und Schwedens ist ein einstimmiges Votum der Allianz sowie die Ratifizierung der Bündnis-Erweiterung durch die Parlamente der 30 bisherigen Mitgliedstaaten nötig. Nach einem einstimmigen Votum könnten die Nato-Länder die förmliche Einladung an Schweden und Finnland bereits vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 29. und 30. Juni in Madrid aussprechen. Im Idealfall wären Finnland und Schweden dann bis Ende des Jahres Nato-Mitglied.

Warum lehnt Erdogan den Beitritt Finnlands zur NATO ab?

Das NATO-Mitglied Türkei droht allerdings mit einem Veto gegen die Norderweiterung. Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft Finnland und Schweden eine zu laxe Haltung gegenüber "Terrororganisationen" wie der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu haben. In Brüssel wird vermutet, die Türkei wolle damit vor allem US-Präsident Joe Biden unter Druck setzen, um unter anderem eine schnelle Lieferung von F-16-Kampfjets zu erwirken.

Wie reagiert Russland?

Russland hatte in den vergangenen Wochen insbesondere mit Blick auf die Nato-Beitrittspläne seines Nachbarn Finnland mit Drohungen reagiert. Kreml-Chef Wladimir Putin sagte am Montag, die Nato-Norderweiterung sei zwar "keine direkte Bedrohung" für Russland. Sein Land werde aber auf eine "Ausweitung der militärischen Infrastruktur" der Nato auf die beiden Länder "zweifellos" reagieren.