Corona-Impfpflicht: Woran sie scheitern könnte und was Alternativen sind

Bielefeld/Berlin. Die vom Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochene Impfpflicht für das Frühjahr steht offenbar in der Schwebe. Gründe dafür gibt es offenbar mehrere. Aber was bedeutet das für die Impfkampagne und den Kampf gegen Omikron? Eine Ausweitung der berufsbezogenen Impfpflicht ist im Gespräch. Einer der Gründe für eine Verzögerung ist der straffe Terminkalender des Bundestags. Erst am 26. oder 27. Januar soll es eine umfassende "Orientierungsdebatte" im Bundestag geben. Außerdem ist wegen Karneval für Februar nur eine Sitzungswoche angesetzt, sodass frühestens in der Woche ab dem 14. März eine Entscheidung fallen kann, berichtete der Tagesspiegel, der seine Informationen aus Koalitionskreisen erhielt. Der Bundestag könnte dann erst in der Sitzung am 8. April final entscheiden. Bedeutet konkret: Eine Impfpflicht könnte ohne Sondersitzung oder Verzicht auf die Karnevalspause frühestens ab Mai in Kraft treten. Forderungen nach schnellem Handeln Zusätzlich verzögern könnte sich die Durchsetzung der Impfpflicht durch den Aufbau eines zentralen Impfregisters mit Daten zu allen Geimpften. Der für das Impfpflicht-Projekt in der SPD-Fraktion zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese ergänzte in dem Bericht, dass die Impfpflicht ohnehin nicht kurzfristig gelte, sondern "perspektivisch eine Vorsorge für den kommenden Herbst und Winter" sei.In den Augen der impfenden Ärzte wohl viel zu spät. Diese machen angesichts der stark steigenden Corona-Infektionszahlen Druck. Es müsse "sofort" eine allgemeine Impfpflicht geben, forderte der Verband der Kinder- und Jugendärzte am Freitag. Gleiches sagt auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach Beratungen der Parteispitze am Montag in Berlin. &bdquo;Da muss die Bundesregierung einfach jetzt liefern.“ Die CDU sei jederzeit bereit, über diese wichtigen Fragen zu sprechen, auch in Sondersitzungen. &bdquo;Der Sitzungskalender des Bundestags ist kein Hindernis“, betonte Ziemiak. Kanzler Scholz respektiere aber das Vorgehen des Bundestags, wie dieser den Zeitplan gestalten wolle, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag. Allerdings mahne Scholz an, die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht auf die lange Bank zu schieben. Ausweitung der berufsbezogenen Impfpflicht Mehr Druck fordert auch der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. Er halte es für sinnvoll und kurzfristig umsetzbar, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf weitere Bereiche wie etwa Polizei, Feuerwehr und Justizvollzug auszuweiten. Der Grünen-Politiker begründet seine Forderung mit der Tatsache, dass in diesen Berufsgruppen Abstand und Masken nicht immer möglich sind und Beamte oder Feuerwehrkräfte für andere Menschen Verantwortung tragen. Aber wie sehen das die Betroffenen selbst? In Teilen, etwa für Rettungspersonal, gelte diese Verpflichtung ja bereits, weshalb man im Umgang mit einer solchen Regelung durchaus Erfahrung habe, sagt Lutz Kölling, Leiter der Feuerwehr Herford. Trotzdem halte er eine ganzheitliche Impfpflicht für die Feuerwehr für schwierig kommunizierbar und erklärbar. "Wir appellieren an alle Kräfte, sich impfen zu lassen. Allerdings gibt es seitens der Ungeimpften auch Gründe gegen die Impfung, die teilweise schwer zu entkräften sind." Aktuell versuche man allerdings eine Impfpflicht für Brandschutzpersonal durchzusetzen. Grundsätzlich gebe es auch viele Befürworter der Impfung im Team, weshalb der Großteil ohnehin immunisiert ist. Impfpflicht für Feuerwehr möglicherweise konfliktlos Ähnlich ist auch die Situation bei der Feuerwehr. Sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt verzeichne man eine hohe Impfquote. Aus diesem Grund würde eine Impfpflicht der Feuerwehr "wenig Sorge bereiten", sagt Carsten Schlepphorst, Beigeordneter für Digitalisierung, IT, Personal, Organisation und Feuerwehr bei der Stadt Gütersloh. Dennoch bevorzuge man weiter die Überzeugungsarbeit. "Am Ende bleibt es eine höchstpersönliche Entscheidung, die in der Konsequenz dazu führen kann, dass ungeimpfte Kräfte nicht mehr eingesetzt werden dürfen und verloren gehen", so Schlepphorst. Auch bei der Polizei Paderborn erhält die Impfung viel Zuspruch. Ob eine mögliche Impfpflicht befürwortet wird, könne man so grundsätzlich nicht beantworten, erklärt Sprecher Michael Biermann. Das Innenministerium NRW kommuniziere ebenfalls keine allgemeine Haltung zu einer möglichen Impfpflicht für Polizisten und Feuerwehrkräfte, erklärt Sprecherin Leoni Möllmann. "Diesbezüglich gibt es noch viele Fragezeichen, weshalb wir uns an dieser Stelle zurückhalten." Angesichts von Omikron überhaupt noch sinnvoll?Betrachtet man die Stimmung in der Gesellschaft, wird klar, dass die Impfpflicht in den vergangenen Monaten an Zuspruch gewonnen hat. Erreichte die Einführung der Impfpflicht in einer im Rahmen des ZDF-Politbarometers durchgeführten Umfrage im Juli 2021 nur etwa 33 Prozent Befürworter, waren es im Dezember schon 68 Prozent. 31 Prozent der Befragten stimmten dagegen. Über die Frage, wie angemessen eine Impfpflicht angesichts der Omikron-Variante überhaupt noch ist, sind sich Experten uneinig. Gesundheitsminister Lauterbach etwa warnte angesichts der rasanten Ausbreitung von Omikron vor einer Durchseuchung der Bevölkerung und unterstrich die Bedeutung einer hohen Impfquote. Eine Impfpflicht sei &bdquo;auch für weitere Varianten wichtig, die sich noch entwickeln können“, sagte Lauterbach der Welt am Sonntag. Der Bonner Wissenschaftler Hendrik Streeck bezeichnete die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht als &bdquo;ein bisschen fehl am Platze“. Er begründete dies unter anderem damit, dass jetzige Impfstoffe bei der Omikron-Variante nur kurz Schutz vor einer Infektion bieten.

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