
SPD, Grüne und FDP werden voraussichtlich in dieser Woche und nach Informationen dieser Redaktion mutmaßlich in der ersten Wochenhälfte ihre Verhandlungen über die Bildung einer Ampel-Koalition abschließen und einen Koalitionsvertrag präsentieren. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte am Wochenende bei einem Parteitag der brandenburgischen SPD in Schönefeld, es gebe „sehr gute, sehr konstruktive Gespräche, die auch schnell vorankommen". Er fuhr fort: „Es finden sich neue Freunde, die SPD, die Grünen und die FDP. Da wächst was zusammen, was zusammenpasst." Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) hatte nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 gesagt: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört."
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte der Süddeutschen Zeitung: „Eine Koalition sollte mit der Absicht antreten, gemeinsam wiedergewählt zu werden." Wenn man es anders angehe, führe das zu koalitionsinternem Wettbewerb. „Das schwächt eine Konstellation insgesamt." Scholz und Lindner haben sich zuletzt deutlich angenähert.
"Brutal anstrengend"
Die Grünen äußerten sich anders. „Wir hatten die Nase auch mal richtig voll, weil wir das Gefühl hatten, für den Klimaschutz sind nur die Grünen verantwortlich", sagte Parteichefin Annalena Baerbock ebenfalls bei einem Landesparteitag in Brandenburg. Der Politische Bundesgeschäftsführer Michael Kellner nannte die Verhandlungen „brutal anstrengend". Beide ließen letztlich aber keinen Zweifel an deren Gelingen.
Nach Angaben aus Grünen-Kreisen sind vor allem die Verhandlungen über den Klimaschutz kompliziert, hier insbesondere über die Erhöhung des CO2-Preises, der laut grünem Wahlprogramm bei 60 Euro pro Tonne liegen soll. Während die Ökopartei den Klimaschutz als Querschnittsaufgabe für die gesamte neue Bundesregierung und alle Ministerien betrachtet, sieht die FDP die Zuständigkeit für den Klimaschutz in erster Linie bei den Grünen. Bereits vor Wochen sprach der FDP-Vorsitzende Christian Lindner davon, dass die SPD in der Ampel-Koalition den Kanzler stellen werde, die Liberalen das Finanzministerium besetzen wollten und die Grünen dann ein „Klimaschutzministerium" bekommen könnten. Später nahm er dies offiziell zurück.
Auch Verteilung der Ministerien bald verkündet
Die Ampel-Parteien hatten zuletzt angekündigt, dass in dieser Woche ein Koalitionsvertrag vorgelegt werden solle. Zum Auftakt der Koalitionsgespräche am 21. Oktober hatten sie das Ziel ausgegeben, dass Scholz in der Nikolauswoche ab dem 6. Dezember zum Kanzler gewählt und seine Regierung im Bundestag vereidigt wird. Zwischen beiden Ereignissen müssen mindestens zehn Tage liegen, weil die Grünen ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen wollen, was zehn Tage dauert. SPD und FDP werden Parteitage einberufen.
Gemeinsam mit dem Koalitionsvertrag wird auch publik gemacht, wie die Ministerien zugeschnitten sein und welche Parteien welche Ministerien besetzen werden. Die Ministerinnen und Minister legen SPD, Grüne und FDP dann jeweils in eigener Verantwortung fest. Eine am Wochenende in einzelnen Medien kursierende Kabinettsliste gilt als reine Spekulation und nicht belastbar.
Die drei Parteien hatten am Donnerstag bereits das Infektionsschutzgesetz durch den Bundestag gebracht. Es lässt die epidemische Notlage von nationaler Tragweite auslaufen, enthält aber gleichzeitig neue Instrumente zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Die Partner waren dabei sehr geschlossen aufgetreten, obwohl ihre Meinungen in der Sache durchaus auseinander gehen.
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