Will Biden Taiwan wirklich beistehen, wenn China angreifen sollte?

Washington. Falls das kommunistische China Taiwan angreifen sollte, sind die USA &bdquo;verpflichtet”, die demokratische Insel-Republik militärisch zu verteidigen. Mit dieser in einer CNN-Fernsehsendung gemachten Äußerung hat US-Präsident Joe Biden Irritationen ausgelöst und die massiven Spannungen zwischen den Weltmächten verstärkt. Die Regierung in Peking rief Washington zur &bdquo;Vorsicht” auf. Das Weiße Haus sah sich nach der TV-Übertragung zu einer Klarstellung veranlasst. Die seit 1979 festgeschriebene US-Strategie im Taiwan-China-Konflikt bleibe unverändert: &bdquo;Wir werden unsere Verpflichtungen gemäß dem Gesetz aufrechterhalten.” Im &bdquo;Taiwan Relations Act” sind die USA gehalten, die Selbstverteidigungskräfte Taiwans und seiner 23 Millionen Einwohner aufrechtzuerhalten. Etwa in Form von Rüstungsgüter-Exporten, wie sie zuletzt im August im Volumen von 750 Millionen Dollar bewilligt wurden. Eine explizite Verpflichtung, das Inselreich im Fall eines militärischen Angriffs Chinas zu verteidigen, gibt es analog zu Artikel 5 des Nato-Vertrages (Beistandspakt) nicht. Das Weiße Haus hatte darauf bereits im August hingewiesen, als Biden in einem Interview mit dem Sender ABC ebenfalls den Eindruck vermittelte, die USA seien durch ein offizielles Abkommen vertraglich gehalten, gegenüber Taiwan als militärische Schutzmacht aufzutreten. Dennoch: Nach der Frage eines Zuschauers zu dem Thema setzte CNN-Moderator Anderson Cooper am Donnerstag nach und fragte Biden mit Blick auf China: &bdquo;Sagen Sie, dass die Vereinigten Staaten Taiwan verteidigen würden, falls es versuchen würde, anzugreifen? Die Antwort des Präsidenten kam wie aus der Pistole geschossen: &bdquo;Ja, wir haben eine Verpflichtung, das zu tun." Welche Befugnisse hat Biden? Der Beauftragte der Regierung für den indo-pazifischen Raum, Kurt Campbell, erklärte vor Monaten, es wäre mit &bdquo;signifikanten Nachteilen” verbunden, würden die USA ihre &bdquo;strategische Zweideutigkeit” im China/Taiwan-Konflikt aufgeben. Damit ist gemeint, dass Washington der Regierung in Taipeh seit 40 Jahren kontinuierlich hilft, verteidigungsbereit zu bleiben, aber auf ein Versprechen bewusst verzichtet, der Insel im Falle eines Krieges an die Seite zu springen. Bidens Aussagen bei CNN wurden in Washington teilweise so gelesen, als hätte der Präsident diese Doktrin aufgegeben. Dagegen steht das Gesetz des &bdquo;War Powers Act”. Biden ist zwar Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Aber nur im Fall eines direkten Angriffs auf die USA oder auf US-Streitkräfte ist ihm erlaubt, ohne ausdrückliche Zustimmung des Kongresses für bis zu 90 Tage Truppen zu entsenden. In allen anderen Fällen entscheidet das Parlament, ob einem anderen Land der Krieg erklärt wird. Lage so angespannt wie lange nicht mehr Bidens Einlassungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem der Konflikt zwischen China und Taiwan so angespannt ist wie seit über einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Die Zeichen, dass Peking seine Drohungen einer &bdquo;Wiedervereinigung" mit der &bdquo;abtrünnigen Provinz" auch in die Tat umsetzen könnte, haben sich zuletzt verstärkt. China, das Taiwan als Teil seines Territoriums sieht, setzt das Inselreich seit Monaten in dichter Abfolge mit einschüchternden Militär-Manövern unter Druck. Dadurch ist in Taipeh die Angst vor einer bevorstehen Invasion gewachsen. Anfang Oktober drang die chinesische Luftwaffe mit 150 Kampfflugzeugen, darunter atomwaffenfähige Bomber, gezielt in den Luftraum Taiwans ein. Die Streitkräfte Taiwans sollen in konstanter Anspannung gehalten und mürbe gemacht werden. Doch wie blitzschnell die reine Provokation zum Ernstfall eskalieren kann, zeigte sich zuletzt am 1. Oktober. Als ein taiwanesischer Fluglotse einen eindringenden Kampf-Jet aus China anfunkte, beschimpfte der Pilot sein Gegenüber mit einer profanen Beleidigung seiner Mutter. Es braucht wenig Fantasie, um sich auszudenken, dass eine unüberlegte Handlung im Affekt einen militärischen Konflikt auslösen könnte. Verrohte Rhetorik aus Peking Peking reagierte gestern gemäßigt aufs Bidens Auftritt. Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas und &bdquo;untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums", erklärte Regierungssprecher Wang Wenbin. Solche Standardfloskeln sind nahezu milde verglichen mit der verrohten Rhetorik, die Chinas Staatsführung mittlerweile gegen Taiwan auffährt. Die nationalistische Global Times, die in Besitz der Kommunistischen Partei ist, schrieb zuletzt in einem Tweet von der &bdquo;Endlösung der Taiwan-Frage". Und zu Beginn des Monats forderte Chinas Staatschef wiederholt den Anschluss Taiwans: &bdquo;Die vollständige Wiedervereinigung unseres Landes wird und kann verwirklicht werden". Wer sich unter europäische Diplomaten in Peking umhört, bekommt immer öfter gesagt, dass die Zukunft des demokratischen Inselstaats zunehmend ungewiss werde. Chinas mächtiger Staatschef Xi Jinping treibe seinen &bdquo;Masterplan" – von der Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft bis hin zur aggressiven Außenpolitik – ohne Rücksicht auf Verluste derart rasant voran, dass dies nur einen Rückschluss zuließe: Der 68-jährige Machthaber wolle sich noch vor seinem Ableben in dem Geschichtsbüchern verewigen - indem er Taiwan wieder zurück ins chinesische Reich holt.

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