Der politische Streit gehört zum Wesen der Demokratie. Mehr noch: Der Streit um den richtigen Weg – sei es in Stadt, Land, Bund oder auch in einer Partei – ist das Herzblut des öffentlichen politischen Lebens. Insofern ist die sich abzeichnende Kampfkandidatur um den Landesvorsitz der NRW-SPD ein ganz normaler Vorgang – nicht nur, aber auch in der ältesten deutschen Volkspartei.
Die Besonderheit dieser sich nun abzeichnenden Kampfkandidatur zwischen dem amtierenden Vorsitzenden Sebastian Hartmann und dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Kutschaty liegt in den Herausforderungen des Zeitplans bis zu den nun bevorstehenden Wahlen. Bis zur nächsten Landtagswahl in NRW im Mai 2022 ist vermutlich genügend Zeit für alle Beteiligte, sich mit neuen Führungskräften zurechtzufinden oder die amtierende Spitze kampfkräftig aufzustellen. Für die Bundestagswahl im Herbst 2021 allerdings wird die Zeit knapp.
Die Entscheidung zwischen den beiden jetzt antretenden Kandidaten fällt auf dem Parteitag im November. Bis zum September 2021 sind es dann nur noch etwa zehn Monate, die Pause über Weihnachten und den Jahreswechsel eingerechnet. Warum ist das erwähnenswert? Weil Bundestagswahlen für die SPD nicht in Bayern oder in den kleineren Bundesländern entschieden werden.
Die SPD muss den Streit in NRW dem Erfolg unterordnen
Nein, für die Sozialdemokratie liegt die Mehrheits- und damit die Regierungsfähigkeit in Nordrhein-Westfalen. Mit einem landesweiten Ergebnis von gut 24 Prozent wie bei der Kommunalwahl im September wird ein Wahlsieg im Bund außerhalb jeder Reichweite liegen. Umgekehrt gilt: Fällt die Sozialdemokratie bei der Bundestagswahl weiter zurück, ist das eine kaum zu korrigierende Last auf dem Kampf zurück an die Macht neun Monate später im bevölkerungsreichsten Bundesland.
NRW zählt deshalb für die SPD doppelt. Bundes- wie Landespartei müssen ein Interesse daran haben, ihre gemeinsame politische Heimat so aufzustellen, dass sie Bundestags- und Landtagswahlen erfolgreich bestehen können. Solange der Streit diesem politischen Ziel untergeordnet ist, gehört er zum Herzblut der SPD.
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