Tourismus

Kalendermänner: Echter Papst, falsche Priester

Rund um den Petersdom werden Kalender von Papst Leo XIV. sowie echten und falschen Priestern verkauft. | © Christoph Sator/dpa

04.12.2025 | 04.12.2025, 07:04

Die letzten 20 Jahre hatte Giovanni Galizia auf den Straßen von Rom so gut wie keine Konkurrenz. Seit 2004 bereits lächelt der Sizilianer als ausgesprochen gut aussehender Priester vom Titelblatt des «Calendario Romano», des «Römischen Kalenders». Sein Gesicht kennt hier jeder. Die Kalender, in denen Monat für Monat ein anderer attraktiver Mann in Schwarz zu sehen ist, werden vor allem von Touristen gern gekauft. Es gibt Mitbringsel aus der Ewigen Stadt, die deutlich weniger originell sind.

Auch in deutschen Küchen hängen viele davon. Das Geschäft mit dem «Kalender der schönen Priester» - von manchen auch «Preti Pin-Up» genannt, «Pin-Up-Priester» - läuft in Rom mit seinen vielen Millionen Besuchern so gut, dass über zwei Jahrzehnte hinweg am Konzept nicht das Geringste geändert wurde. Nur zwei, drei Monatsblätter wurden ausgewechselt. Galizia hingegen blickt vom Titel jung wie eh und je: 17 war er, als die Aufnahme gemacht wurde. Im echten Leben geht er nun auch schon auf die 40 zu.

«Gregorianischer Kalender» nun als Konkurrenz

Selbst vom 2005 verstorbenen Papst Johannes Paul II. gibt es noch Kalender. - © Christoph Sator/dpa
Selbst vom 2005 verstorbenen Papst Johannes Paul II. gibt es noch Kalender. | © Christoph Sator/dpa

Jetzt allerdings, da der Verkauf der Kalender für 2026 in die entscheidende Phase geht, kommt es für ihn doppelt schwer. Zum einen, weil der Vatikan den ersten offiziellen Kalender mit dem neuen Papst Leo XIV. freigegeben hat - nahezu eine Bestseller-Garantie. Vor allem aber, weil es in Rom erstmals noch einen weiteren Kalender mit attraktiven jungen Männern in Schwarz gibt, den «Calendario Gregoriano». Sie sprechen eine andere Kundschaft an, obwohl der Papst mit seinen 70 Jahren auch noch verhältnismäßig jung ist.

Den «Calendario Romano» gibt es schon seit mehr als 20 Jahren. - © Christoph Sator/dpa
Den «Calendario Romano» gibt es schon seit mehr als 20 Jahren. | © Christoph Sator/dpa

Vom Titelbild des «Gregorianischen Kalenders» blickt eine modernere Variante des stadtbekannten Sizilianers: etwas älter als Galizia, Mitte 20 ungefähr, ebenfalls in Soutane und mit Kollar, aber mit fein getrimmtem Bart und die Haare modischer und besser in Form. Wie der Mann heißt und woher er kommt, darüber schweigt sich der Hersteller aus, der Aima-Verlag aus Rom. So war das aber auch beim Original: Galizia bekam erst nach vielen Jahren einen Namen.

Viele vermeintlichen Priester sind gar keine

Das Schweigen dürfte jedoch noch einen anderen Grund haben. Die Vermutung liegt nahe, dass vom Vorbild nicht nur die Geschäftsidee übernommen wurde, sondern auch die Nachlässigkeit bei der Auswahl der vermeintlichen Priester. Im «Römischen Kalender» sind die meisten präsentierten Kirchenmänner gar keine: Galizia zum Beispiel ist Steward bei einer Billig-Fluglinie. Auch früher hatte er mit der Kirche nicht viel zu tun: Er stand lediglich Modell für einen befreundeten Fotografen, Piero Pazzi.

So etwas hatten viele in Rom schon länger geahnt, aber es kam erst vor zwei Jahren heraus. Kalendermacher Pazzi muss sich seither gegen Täuschungsvorwürfe verteidigen, was er vehement macht. In der Tageszeitung «Corriere della Sera» vertrat er kürzlich sogar die Auffassung, der katholischen Kirche einen Dienst zu erweisen. «Würde man ältere Priester abbilden, könnte man meinen, es handle sich um etwas, das im Niedergang begriffen ist.» Der Vatikan hatte trotzdem bislang nichts gegen den Verkauf einzuwenden.

Klassiker verkauft sich besser als Kopie

Was die Auswahl angeht, verhält es sich mit dem neuen Kalender wohl ähnlich. Dafür, dass die zwölf Männer zwischen Januar und Dezember tatsächlich Priester sind, gibt es keinerlei Beleg. Sie könnten jedenfalls durchweg auch in anderer Kleidung Modell stehen als in Messgewand und Soutane. Aima-Geschäftsführer Alessandro Imperatore antwortet ausweichend nur: «Ich wurde ausdrücklich gebeten, keine Informationen weiterzugeben.» Beim Preis liegt der «Gregorianische» etwas unter dem «Römischen»: acht Euro. Das Original kostet neun, die Luxusausgabe davon 25 Euro.

Wenn man den Souvenirhändlern rund um den Petersplatz glauben darf, verkauft sich der Klassiker besser als die Kopie. Vor allem aber sind sie zufrieden, dass der Kalender mit Papst Leo rechtzeitig eingetroffen ist: zwöIf Mal in Weiß und zweifellos echt. Im Sommer waren viele von den Händlern noch verärgert, weil es von dem im Mai gewählten US-Amerikaner noch nicht einmal Postkarten gab. Immer wieder mussten sie die Leute vertrösten. Damit entgingen ihnen auch einige Einnahmen.

Kein Kalender von Benedikt XVI. mehr

Dafür ist die Auswahl an Kalendern jetzt so groß wie nie. Im Angebot für 2026 sind: zweimal die schwarz gekleideten Priester, der offizielle Leo-Kalender sowie einige weitere aus chinesischer Herstellung, verschiedene mit dem verstorbenen Papst Franziskus, die mit großem Vorlauf gedruckt wurden, und sogar noch ein Kalender mit Papst Johannes Paul II., der schon seit 2005 tot ist. Vom deutschen Papst Benedikt XVI. hingegen gibt es keinen mehr. In der Vatikan-Buchhandlung am Petersdom heißt es dazu: «Das hat sich nicht mehr gelohnt.»