Neues Flaggen-Gesetz

Dänemark verbietet ausländische Flaggen – mit wenigen Ausnahmen

Flaggen fremder Länder zu hissen, ist in Dänemark vom Jahreswechsel an gesetzlich verboten. Positive Folgen hat das neue Gesetz für die deutsche Minderheit.

Drei dänische Flaggen (Dannebrog) wehen im Wind. Flaggen fremder Länder zu hissen, ist in Dänemark vom Jahreswechsel an gesetzlich verboten. | © Carsten Rehder/dpa

19.12.2024 | 28.12.2024, 10:31

Gesetze regeln nicht nur, wie etwas sein soll. In Gesetzesform wird auch gegossen, was längst ist. In Dänemark tritt zum Jahreswechsel ein neues Gesetz in Kraft, das in dem Königreich die Stellung des Dannebrog, der Nationalflagge, absichert.

Die rote Fahne mit dem weißen Kreuz weht zwar allerorten im Land – doch vom 1. Januar an sind die Farben anderer Staaten am Flaggenmast jetzt auch gesetzlich verboten. Dänemarks Flagge soll unangefochten die Lufthoheit behalten.

„Der Dannebrog ist das wichtigste nationale Symbol, das wir in Dänemark haben“, sagt Justizminister Peter Hummelgaard. Tatsächlich flattert die rot-weiße Fahne nicht nur vor fast allen Häusern. Die Däninnen und Dänen dekorieren mit ihr auch ihre Geburtstagstorten und wickeln Dannebrog-Girlanden um ihre Weihnachtsbäume. Stolz ist man darauf, dass das Banner als älteste Nationalflagge der Welt gilt, das immerhin schon seit mehr als 800 Jahren für das Königreich steht.

US-Flagge in Dänemark: Fall landet vor Gericht

Ernsthafte Konkurrenz hat die dänische Flagge also nicht. Maximal vereinzelt gibt es Fälle bei Deutschlands nördlichen Nachbarn, in denen Menschen eine andere Fahne hissen wollen. Nationale Berühmtheit in Dänemark erlangt hat Martin Hedegard aus Kolding. Aus Liebe zur Hillbilly-Musik hisste er schon vor sieben Jahren eine US-Flagge am Fahnenmast des Familienanwesens. Nachbarn, über deren Musikgeschmack nichts überliefert wurde, verpfiffen Hedegard daraufhin bei der Polizei.

Ausgerechnet am 9. April des Folgejahres tat er es wieder. An dem Tag gedenkt Dänemark des Überfalls und der Besetzung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Der 9. April ist daher ein obligatorischer Flaggtag, an dem der Dannebrog zunächst auf Halbmast und später auf Vollmast wehen soll. Bei Hedegards hingegen flatterten die Stars and Stripes im Wind. „In den Augen mancher Leute bin ich ein Verräter“, kommentierte Hedegard, „und sie meinen, ich solle mich aus dem Land verpissen.“

Die Polizei schrieb eine Anzeige, und der Fall landete vor Gericht. Denn andere Flaggen als die dänische – die sind in Dänemark eigentlich schon seit Langem verboten. Das Problem an der Sache: Das Verbot gründete auf reichlich antiquierten Verordnungen: Die Flaggenordnung des Landes aus dem Jahr 1915 bezog sich auf eine königliche Entschließung von 1854, die in ihrem Wortlaut wiederum eine ebensolche aus dem Jahr 1833 aufgriff.

Der Fall ging durch die Instanzen, bis der Oberste Gerichtshof Dänemarks im Juni vergangenen Jahres entschied: Ein Flaggenverbot kann auf Grundlage königlicher Resolutionen aus der Zeit der absoluten Monarchie kein Bestand haben. Hedegard wurde freigesprochen und freute sich: „Der kleine Mann kann etwas gegen das System tun!“

Der Dannebrog, die dänische Flagge, ist an einem Ferienhaus in Henne Strand, einem Ferienort an der dänischen Westküste, gehisst. - © picture alliance / dpa
Der Dannebrog, die dänische Flagge, ist an einem Ferienhaus in Henne Strand, einem Ferienort an der dänischen Westküste, gehisst. | © picture alliance / dpa

Positive Folgen für deutsche Minderheit in Dänemark

Doch die Freude sollte nicht lange währen. Parteiübergreifend formierte sich im Folketing, dem Parlament in Kopenhagen, eine Allianz, um das höchstinstanzlich gekippte Dannebrog-Monopol mit einem neuen Gesetz wieder einzuführen. Vorne mit dabei Justizminister Peter Hummelgaard von den Sozialdemokraten, der das neue Flaggengesetz eingebracht hat. Im Wesentlichen rettet es die Regeln von vor dem Gerichtsurteil – und doch gibt es eine Neuerung, die die deutsche Minderheit in Dänemark jubeln lässt. Und die politische Rechte im Land wütend macht.

Denn künftig wird es für die deutsche Flagge eine offiziell verbriefte Ausnahme vom Verbot geben – wie sie auch für die Fahnen der nordischen Nachbarländer Schweden, Norwegen, Finnland und Island sowie die der Färöer-Inseln und Grönlands gilt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und hat einen wichtigen symbolischen Wert“, sagt Hinrich Jürgensen, Vorsitzender des Bunds Deutscher Nordschleswiger, der die Minderheit offiziell vertritt. Viele Jahre lang habe man in Südjütland darum gekämpft, insbesondere im Zusammenhang mit offiziellen Besuchen aus Deutschland.

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Bisher musste die deutsche Minderheit immer einen Antrag bei der Polizei stellen. Bearbeitungszeit: bis zu 21 Tage. „Es war ein bürokratischer Aufwand, die Genehmigung der Behörden lange im Voraus einzuholen“, sagt Jürgensen. Mitunter sei ein Minister wieder in Kiel oder Berlin gewesen, bis die Genehmigung vorgelegen hätte. Abgelehnt worden sei ein Antrag übrigens nie.

Dänische Volkspartei kritisiert Neuerung

Dass Leute aus der deutschen Minderheit jetzt exzessiv Schwarz-Rot-Gold hissen werden, glaubt er nicht. „Es gehört überhaupt nicht zur deutschen Kultur, die Flagge so zu hissen. Ich werde die deutsche Flagge nicht in meinem Garten hissen.“ Martin Henriksen, Abgeordneter der Dänischen Volkspartei, traut der Aussage jedoch nicht. „Man verliert etwas von Dänemark und dem Dänischen, wenn man durch Dänemark fährt und an den Fahnenmasten andere Flaggen als den Dannebrog sieht“, gibt er zu bedenken. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten die Deutschen auch in Zukunft weiter Anträge schreiben sollen.

Hintergrund für die recht strengen dänischen Regeln in Bezug auf ausländische Flaggen ist der Erste Weltkrieg. Man verbot das Hissen fremder Nationalfahnen im Jahr 1915, weil Kopenhagen peinlichst darauf bedacht war, seine Neutralität zu wahren.

Der Blick auf die Entstehungsgeschichte erklärt jedoch, warum auch vom neuen Gesetz nur Fahnenstangen betroffen sind. Baumelt die Flagge eines anderen Landes weniger feierlich an der Brüstung eines Balkons, sieht das Auge des Gesetzes darüber wohlwollend hinweg. Während einer Europameisterschaft dürfen spanische Fußballfans in der Kneipe auch künftig mit der Rojiguald jubeln und danach die Fahne noch schlaff ins Fenster hängen.

Nicht alle Flaggen sind in Dänemark verboten

Das in neue Gesetzesform gegossene Regelwerk ist trotzdem alles andere als einfach. Der Justizminister darf nach eigenem Ermessen die Flaggen bestimmter Länder zeitweise erlauben. Derzeit sind die ukrainischen Farben an dänischen Masten erlaubt. Verboten sind neben fremden Nationalflaggen jedoch auch solche, die für einzelne Regionen stehen – also zum Beispiel die Flaggen von US-Bundesstaaten, die von abtrünnigen Provinzen wie Katalonien oder die von Tibet.

Auch die palästinensische Flagge ist tabu, obwohl Palästina ja gar kein Staat ist. Problemlos erlaubt sind aber Piraten- und Regenbogenflagge sowie die Fahnen von überstaatlichen Institutionen wie der EU. Und natürlich dürfen diplomatische Vertretungen die Flagge ihrer Entsendestaaten hissen.

Wer auf der sicheren Seite sein will, wählt den Dannebrog. Denn die Strafe für Frankreichs Trikolore oder Kanadas Ahorn am privaten Mast ist saftig. 2500 Kronen (335 Euro) können fällig werden. Und Wiederholungstäter zahlen schnell das Doppelte.